Studienplatzvergabe für Medizin teils verfassungswidrig Das ist nicht das Ende des Numerus Clausus

Meinung | Karlsruhe/Düsseldorf · Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Plätze für das Medizinstudium nicht mehr primär nach der Abiturnote vergeben werden dürfen. Das ist ein Glücksfall, aber nicht das Ende des Numerus Clausus.

 Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe bei der Verkündung des Urteils.

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe bei der Verkündung des Urteils.

Foto: dpa, ssd htf

Wer Medizin studieren will, braucht viel Glück. Auf einen Studienplatz bewerben sich fünf Interessenten - vor etwas mehr als 20 Jahren lag die Quote noch bei 2:1. Dass der Staat von diesen fünf Interessenten also irgendwie einen Studenten auswählen muss, ist klar. Dass der Staat dies aber auf andere Weise tun muss als bisher, das hat jetzt das Bundesverfassungsgericht klargestellt.

Den Richtern geht es dabei vor allem darum, dass die Abiturnote als wichtigstes Kriterium für die Studienplatzvergabe an Bedeutung verliert. Sie darf nicht mehr der Hauptgrund sein, warum einem Bewerber das Medizinstudium versagt wird. Nach dem Wunsch der Karlsruher Richter sollen künftig fachspezifische Eignungstests und intensive Auswahlgespräche im Vordergrund stehen. Gleichwohl ist das freilich nicht das Ende des NC: der Erste Senat stellt klar, dass auch die Abiturnote ein gutes Kriterium für die Eignung als Arzt ist. Aber eben nicht das Wichtigste.

Das ist zu begrüßen. Wer ein guter Arzt ist, kann nicht unbedingt am Abitur festgemacht werden. Ärzte brauchen menschliche Fähigkeiten, sie müssen emphatisch sein, um ihre Patienten beruhigen und verstehen zu können. Empathie aber lässt sich nicht nur in der Schule lernen. Dass die Abiturnote an Bedeutung verliert, kommt auch all jenen zugute, die während der Schulzeit mit der Pubertät hadern und erst später zur Einsicht gelangen, dass Arzt ihr Traumberuf ist — und dort auch ihre Begabung liegt.

Für angehende Medizinstudenten wird sich einiges ändern. Es soll fortan einheitlicher, transparenter und klarer zugehen im Auswahlverfahren. Bundesweit müssen sich die Kriterien ähneln, auch weil Abiturnoten aus Baden-Württemberg nicht mit denen aus Bremen vergleichbar seien. Mindestens ein anderes Kriterium als die Abiturnote muss der Gesetzgeber nun schaffen. Das wird kompliziert, vielleicht muss es auch mehr Studienplätze geben.

"Denn viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt", schreibt Matthäus in seinem Evangelium. Daran wird auch das heutige Urteil nichts ändern. Aber es wird bei dieser Auswahl gerechter zugehen.

(her)
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