Neue Test-Ergebnisse PISA: Deutschland hat aufgeholt
Berlin (rpo). Die gute Nachricht zuerst: Der PISA-Schock scheint überwunden, Deutschland hat seine Hausaufgaben gemacht. Zahlreiche Bundesländer konnten in der neuen PISA-Studie im Vergleich zu den Ergebnissen aus dem Jahr 2000 deutlich zulegen. Allerdings wurde auch deutlich, dass ein Schulerfolg weiterhin vom sozialen Umfeld abhängt. In Nordrhein-Westfalen konzentrieren sich die Leistungsprobleme vor allem auf die Hauptschüler.
Das geht aus den neuesten Ergebnissen der internationalen Bildungsstudie zur Einschätzung der Schulstärken von 15-Jährigen hervor, die in Berlin veröffentlicht wurde. Im Bereich Mathematik liegen mittlerweile zwölf Länder im internationalen Durchschnitt oder darüber. Allerdings wird der Anteil von sehr leistungsschwachen Schülern, der sich in einer Größenordnung von zwölf bis 30 Prozent bewegt, als "zu hoch" bewertet.
"Die Befunde lassen außerdem erkennen, dass die materiellen und kulturellen Ressourcen der Elternhäuser eine bedeutsame Rolle spielen." Besonders Jugendliche mit Migrationshintergrund blieben auf der untersten Kompetenzstufe hängen.
In NRW werden rund zwei Drittel aller Hauptschüler absehbar erhebliche Probleme im weiteren Bildungsverlauf haben, wie Landesschulministerin Barbara Sommer (CDU) in Düsseldorf erläuterte. Sie gehören damit zu der Gruppe der so genannten Risikoschüler.
Mehr als die Hälfte der Hauptschüler verlässt wegen Zurückstellungen oder Sitzenbleibens in der Grundschule beziehungsweise der Sekundarstufe I verspätet die Schule. Jeder vierte Hauptschüler weist mindestens zwei der drei Verzögerungen auf. Diese Werte seien im internationalen Vergleich sehr hoch und gäben "Anlass zur Besorgnis", betonte Sommer.
Beim Ländervergleich liegt Bayern im Testfeld mathematische Kompetenz unangefochten vorn und kann sich im internationalen Ranking zwischen Japan und Kanada einordnen. Zweitbestes deutsches Bundesland ist Sachsen, auch Baden-Württemberg und Thüringen liegen noch über dem OECD-Durchschnitt. Auf den weiteren Plätzen folgen Sachsen-Anhalt, Saarland, Schleswig-Holstein, Hessen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Brandenburg. Unterdurchschnittlich eingeordnet werden die Länder Berlin, Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Bremen.
Auch in der Lesekompetenz stehen die Länder Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen an der Spitze. Schlusslicht im deutschen Vergleich ist der Stadtstaat Bremen, der im internationalen Vergleich nur noch vor der Türkei und Mexiko rangiert. Im Vergleich zu 2000 hat sich Deutschland jedoch insgesamt verbessert.
Drastische Unterschiede stellte die Studie in der naturwissenschaftlichen Kompetenz fest. Allein der Leistungsabstand zwischen Sachsen und Brandenburg beispielsweise bei den Gymnasiasten liegt bei "etwa einem Schuljahr".
Die Kultusminister der Länder sehen sich durch die Ergebnisse in ihrem Reformkurs bestätigt. Die Minister freuen sich zum einen über die positiven Entwicklungen seit dem ersten PISA-Test, verkennen aber zum anderen nicht die Probleme, sagte die amtierende Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Brandenburgs Kultusministerin Johanna Wanka (CDU).
Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) zeigte sich dagegen nur wenig erleichtert über die neue Bildungsstudie. Zwar habe Deutschland im internationalen Vergleich aufgeholt, sagte Bulmahn in Berlin. Doch könne das Ergebnis nicht zufrieden stellen. Deutschland schaffe international nach wie vor nur Leistungen, die knapp über dem Durchschnitt liegen.
"Bei uns ist der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg höher als in jedem anderen vergleichbaren Land", kritisierte die SPD-Politikerin. So lägen die Chancen zum Wechsel ans Gymnasium für Kinder aus wirtschaftlich gut gestellten Familien bis zu sechs Mal höher als für diejenigen, die aus sozial schwächeren Schichten kommen. Bund und Länder müssten gemeinsam dafür sorgen, dass Bildungschancen nicht weiter an soziale und ethnische Herkunft gekoppelt blieben.
An der PISA-Studie 2003 beteiligten sich 41 Länder, darunter 30 OECD-Staaten. International wurden rund 250 000 Schüler getestet, in Deutschland waren es 4660 Schüler in 216 Schulen. Die nächste Erhebung soll 2006 stattfinden.