Düsseldorf Praxis und Theorie vereint

Düsseldorf · Das duale Studium verspricht ein Miteinander von betrieblicher Ausbildung und Hochschule. Nach der rasanten Vermehrung der Angebote muss man genau hinschauen: Hinter dem Begriff verbergen sich unterschiedliche Modelle.

Zwei Tage an der Uni, zwei Tage im Betrieb, dazu noch Zeit an der Berufsschule - so sieht das klassische duale Studium aus, bei dem man am Ende nicht nur über einen Bachelorabschluss, sondern auch über eine abgeschlossene Ausbildung verfügt. Ein Angebot für alle, denen reine Theorie an den Hochschulen zu wenig ist, und die ohne Zeitverlust Karriere in einem Unternehmen machen möchten. Das duale Studium boomt: Der Stifterverband der Deutschen Wissenschaft zeigt in seiner Untersuchung "Qualitätsentwicklung im dualen Studium", dass sich die Zahl der dualen Studiengänge in den letzten zehn Jahren von 512 auf 1505 verdreifacht hat. Insgesamt studieren derzeit rund 95.000 in einem dualen Studium. Aber: Unter dem Begriff tummeln sich verschiedenste Studienformen. Sigrun Nickel, Leiterin Hochschulforschung beim CHE Centrum für Hochschulentwicklung und Autorin der oben genannten Untersuchung, klärt auf.

Wie ist der rasante Anstieg der dualen Studiengänge zu erklären? Ein wesentlicher Treiber für die Durchlässigkeit zwischen Studium und Beruf sind die europäischen Bildungsreformen. "Zudem gibt es in Deutschland immer mehr Menschen mit Hochschulzugangsberechtigung, die sich nicht mehr nur mit einer Ausbildung zufrieden geben", sagt Nickel. Hinzu kommt, dass Unternehmen großes Interesse an dualen Studienangeboten haben: So können sie studierte Nachwuchskräfte genau für ihren Bedarf ausbilden und an sich binden. "Die Hochschulen haben diesen Trend erkannt und mit einer wachsenden Zahl dualer Studienmöglichkeiten reagiert", sagt die Expertin.

Wo kann ich duale Studiengänge finden? Vor allem an den Fachhochschulen. Jeder vierte Studiengang ist dort dual. "Die Universitäten machen nur vereinzelte Angebote", so Nickel. "Außerdem sind viele Berufsakademien in diesem Sektor aktiv. Oft kooperieren diese intensiv mit Firmen in der Region."

Welche Unterschiede gibt es? Idealerweise werden in einem dualen Studium Theorie und Praxis eng verzahnt. "Genau das stellt sich in der Realität aber als schwierig heraus", sagt Nickel mit Bezug auf ihre aktuelle Forschung. "Deshalb sind viele Angebote nicht mehr ausbildungs-, sondern praxisintegriert. Das heißt: Berufsschule und Kammerprüfung fallen weg, stattdessen gibt es während des Studium Praxisphasen in Unternehmen."

Was erwartet mich beim klassischen dualen Studium? Wer ein Studium und eine Berufsausbildung samt Berufsschule und Kammerprüfung parallel absolviert, muss leistungsorientiert sein. Die Doppelbelastung ist groß, das klassische Studentenleben leidet. "Aber es hat auch viele Vorteile: Man ist bereits im Arbeitsprozess und hat gute Chancen, übernommen zu werden", sagt die Hochschulforscherin. Der Student hat bereits seine Arbeitskraft unter Beweis gestellt und kann direkt anwenden, was er im Studium gelernt hat.

Woran erkennt man ein gutes duales Angebot? Laut Nickel sollte es eine gute Beratung durch die Hochschule geben - vor und während des Studiums. Zudem sollten in der Studieneingangsphase Vorbereitungs- oder Brückenkurse angeboten werden und klare Verträge zwischen der Hochschule und dem Arbeitgeber über die Kooperation existieren. Bestimmte Fragen sollte man vorab klären: Welchen Status habe ich im Betrieb? Mache ich eine Ausbildung oder bin ich Werkstudent? Wer hilft mir bei Problemen? Auch, wie der Einsatz im Unternehmen vergütet wird, ist wichtig. Denn bei einem dualen Studium noch zu jobben, wird auf Grund der zeitlichen Belastung schwer. Und: Welche Verpflichtungen gehe ich eigentlich ein? Denn: Manche Unternehmen fügen in die Arbeitsverträge Klauseln ein, nach denen sich der Absolvent für Jahre an die Firma bindet.

Gibt es Zulassungsbeschränkungen für duale Studiengänge? Ein Numerus Clausus ist selten. Aber: Wer sich in ein duales Studium einschreiben will, braucht bei den meisten Hochschulen zunächst einen Ausbildungs- oder Arbeitsvertrag mit einem Unternehmen. "Die Betriebe fungieren oft als Gatekeeper, die über die Zulassung zum dualen Studium entscheiden", sagt Nickel.

Welche dualen Angebote gibt es in der Region? Eine Tradition hat das duale Studium an der Hochschule Niederrhein. Vor über 30 Jahren ist dort das "Krefelder Modell" für Abiturienten entwickelt worden, die sich das praktische Wissen nicht nur durch Fachpraktika, sondern durch eine Berufsausbildung parallel zum Studium aneignen. Möglich ist die Kombination 15 dualer Studiengänge mit über 20 Ausbildungsberufen, darunter Elektrotechnik und Betriebswirtschaft. Neu ist seit diesem Wintersemester das Trainee-Studium. Dahinter verbirgt sich ein praxisintegriertes Bachelorstudium am Fachbereich Maschinenbau und Verfahrenstechnik, bei dem die Studierenden parallel zur Hochschule in einem Unternehmen ein Traineeprogramm absolvieren. Einen ähnlichen Weg geht die FHDW in Mettmann: Das duale Studium gliedert sich in Theoriequartale an der Fachhochschule und Praxisquartale im Unternehmen.

(RP)
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