Wuppertal/Düsseldorf Praxissemester für künftige NRW-Lehrer

Wuppertal/Düsseldorf · Eine Neuregelung sieht vor, dass Lehramtsstudenten schon mit 22 Jahren am Pult stehen.

"Ich habe im Praxissemester festgestellt, dass Lehrer mein Traumberuf ist. Ich kann jetzt beruhigt ins Referendariat gehen", sagt Saskia Ruckebier. Die 23-Jährige ist eine von mehr als 200 Studierenden an der Bergischen Universität Wuppertal, die das neue Praxissemester in einem Modellversuch schon absolviert haben. Künftig müssen sich in Nordrhein-Westfalen alle angehenden Lehrer schon während des Studiums diesem Praxistest stellen.

Saskia Ruckebier, die Biologie und Chemie studiert, möchte später an einer Gesamtschule oder am Gymnasium unterrichten. Sie hat während ihres zweiten Semesters im Masterstudium fünf Monate an einer Schule in Remscheid verbracht und auch unterrichtet. So sieht es die neue Ausbildungsordnung vor. "Vielleicht könnte man das Praxissemester sogar früher ansetzen", schlägt die junge Frau aus Radevormwald vor.

Ihr Kommilitone Niklas Müntges hatte Glück. Er konnte während der fünf Monate an einem Wuppertaler Gymnasium hospitieren und unterrichten. "Andere hatten es nicht so gut und mussten bis zu zweieinhalb Stunden Fahrtzeit aufwenden", sagt Müntges. Sein Schulwunsch Wuppertal wurde erfüllt. "Zur Schule waren es mit dem Bus zehn Minuten." Englisch und Geschichte in der Mittel- und Oberstufe hat er unterrichtet. "Am Anfang, wenn man hospitiert, ist es weniger Stress." Später kommen täglich zwei Stunden Vorbereitung dazu.

Auch Niklas Müntges ist zufrieden mit seinen Erfahrungen an der Schule. "Das Praxissemester hat meinen Wunsch bestärkt, Lehrer zu werden", sagt der junge Mann aus Nettetal.

Die neue Lehrerausbildung in NRW holt nach, was Studiengänge wie Ingenieurwissenschaften schon bieten: Praxisnähe. Nach sechs Semestern Studium und dem Bachelor-Abschluss geht es ins viersemestrige Masterstudium. Dort steht nach einem weiteren Semester die Praxisphase an. Da kann es vorkommen, dass Lehramtsstudenten nur wenig älter sind als Oberstufenschüler, wenn sie erstmals vor einer Klasse stehen.

Mit fünf Monaten ist das Praxissemester länger als ein normales Semester mit drei bis vier Monaten Vorlesungszeit. Dazu kommen viermal die Woche Wege zur Schule. Dienstags ist zudem Studientag in der Uni oder im Studienzentrum. Nach den fünf Monaten werden die Erfahrungen aus dem Schulalltag aufgearbeitet.

"Die ersten Auswertungen haben gezeigt, dass das Praxissemester als sinnvolles Studienelement angesehen wird", sagt Professor Michael Böhnke von der Uni Wuppertal. "Allerdings kann nicht verschwiegen werden, dass es mit einer enorm hohen Belastung für alle Beteiligten verbunden ist."

Immerhin verkürzt sich das Referendariat von 24 auf 18 Monate. Trotzdem müssen die Studierenden mehr tun als früher. Das gilt besonders für angehende Grundschullehrer, die den Großteil der Lehreranwärter stellen. Sie mussten vor zehn Jahren noch sieben Semester studieren, später waren es acht, jetzt sind es einheitlich zehn Semester für alle angehenden Lehrer.

Noch etwas ist neu in der Ausbildung: "Um mehr Berufsschullehrer zu bekommen, beziehen wir jetzt die Fachhochschulen mit ein", sagt Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD). "Sie können an der Fachhochschule beispielsweise mit Maschinenbau anfangen und dann Lehrer in einem technischen Bereich werden." Beim Übergang zum Masterstudium müssen sie allerdings pädagogische Anteile nachweisen oder nachholen. "Wir sind, glaube ich, die Ersten, die das ermöglichen", sagt Schulze.

(LNW)
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