Kolumne Trickreich zum Lieblingsessen

Eine neue Erfindung sorgte kürzlich für Ärger unter uns Studenten: die Mensa-App. Die Idee dahinter ist im Grunde genial. Nach dem Essen können wir am Mensa-Ausgang an kleinen Computern unser Gericht auswählen und bis zu fünf Kartoffeln dafür verteilen. Kartoffeln, keine Sterne - die Erfinder wissen wohl selbst, dass unsere Mensa davon Lichtjahre entfernt ist. Jedenfalls rufen die, die noch in den Vorlesungen sitzen, die App regelmäßig auf, um die aktuellen Bewertungen als kleine Anregung zu nehmen. Schließlich beschäftigt einen Studierenden in der letzten Stunde vor der Mittagspause nichts so sehr wie die Frage, an welchem Tagesessen er später Schlange stehen sollte. Doch wer auch immer auf diese Idee kam, hat eines nicht bedacht: Niemand ist so egoistisch, niederträchtig und verbissen auf den Nachteil der anderen bedacht wie der hungrige Student. Dem Futterneid hoffnungslos unterworfen, missbrauchen die Ersten schon das Kartoffelsystem. Zwischen den Vorlesungen am Vormittag schleichen sie zu den Computern und verteilen für die Mahlzeit, die sie später wollen, eine halbe oder eine Kartoffel. So führen sie die hungrigen Mäuler galant in die Irre und ersparen sich einige Unannehmlichkeiten: Sie müssen weder lange Wartezeiten in Kauf nehmen noch fürchten, dass es die Spaghetti Bolognese nicht mehr mit Hack-, sondern nur noch mit Tofu-Soße gibt.

Dass auf die App kein Verlass mehr ist, haben die meisten aber mittlerweile durchschaut. Die Kartoffeln verteilen jetzt nur noch die Mensamitarbeiter, ein paar Professoren und die Erasmusstudenten, für die sich wahrscheinlich jedes Klischee über Deutsche bestätigt hat.

(RP)
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