Berlin Wo Studenten Recht bekommen

Berlin · Studierendenvertretungen beraten und unterstützen in rechtlichen Fragen rund um Studienfinanzierung, Prüfungsleistungen oder die Vergabe von Studienplätzen. Wichtig ist, sich rechtzeitig an sie zu wenden.

Die Zahl der Studierenden wächst jedes Jahr. Inzwischen sind nach Angaben des Statistischen Bundesamts gut 2,8 Millionen Menschen an deutschen Hochschulen eingeschrieben. Doch wo es so viele Studierende gibt, gibt es auch jede Menge Probleme. Wer keinen Platz bekommt, will sich vielleicht einklagen. Wie geht das? Und wer hat eigentlich Anspruch auf Bafög? Und was, wenn man eine wichtige Prüfung nicht bestanden hat?

Die erste Frage ist dann oft die nach dem Ansprechpartner. Viele Studierende wissen gar nicht, dass es neben der Beratung durch die Hochschule auch noch die Beratung durch die Studenten selbst gibt. Der Allgemeine Studierendenausschuss, kurz ASta, hilft Studierenden dabei, ihre Rechte gegenüber der Universität und anderen Stellen durchzusetzen. "Unser Vorteil ist: Wir sind bedingungslos auf der Seite der Studierenden", sagt Ulrike Jothe, Hochschulpolitische Referentin beim ASta der Technischen Universität (TU) Berlin.

Das fängt an manchen Universitäten schon bei der Studienplatzklage an. "Nicht alle können sich eigene Anwälte leisten. Wir haben bei der Hochschulberatung Anwälte, die kostenlos für sie da sind. Aber in den meisten Fällen können wir von Student zu Student sehr gut helfen", sagt Jothe.

Ein Beispiel: Wird man bei einer Uni abgelehnt, geschieht dies, weil sie angibt, keine ausreichende Kapazität an Studienplätzen zu haben. Also stellt der abgelehnte Bewerber einen Antrag an die Uni auf einen außerkapazitären Studienplatz. Erst wenn dieser Antrag abgelehnt wird, kann man gegen den Bescheid verwaltungsgerichtlich vorgehen.

Das machen nicht gerade wenige: Nach Angaben von Ulrike Jothe kommen etwa 250 Menschen pro Jahr zur ASta-Beratung an der TU Berlin, weil sie sich an der Uni einklagen wollen. An der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf bietet der ASta keine Unterstützung bei der Studienplatzklage. Bis zu 100 Studienbewerber ziehen dort dennoch jährlich mit einer Klage auf einen Studienplatz vor Gericht, sagt Pressesprecher Achim Zolke.

Auch wenn die Beratung von ASta und Anwalt an der TU-Berlin und vielen anderen Universitäten zunächst kostenlos sind: Falls die Hochschule das Verfahren gewinnen sollte, könnten laut Jothe höhere Kosten entstehen - der Unterlegene müsse dann die Verfahrenskosten tragen. Für speziellere Fälle und längere Verfahren sollten sich Studierende deshalb lieber einen eigenen Anwalt suchen.

"Den Antrag auf außerkapazitäre Zulassung kann jeder selbst stellen, da hilft der Asta mit den Formularen. Für die richtige Klage hilft nur der Weg zum Anwalt", sagt auch Rechtsanwalt Wilhelm Achelpöhler, Experte im Hochschulrecht. Prinzipiell könne in jedem Studienfach ein Platz eingeklagt werden.

Häufig enden solche Verfahren gegen die Uni mit einem Vergleich vor Gericht. Oft sieht das so aus, dass die Uni den Studenten aufnimmt, der dafür die Kosten des Verfahrens trägt. Der erstrittene Studienplatz kann also teuer werden, und zwar richtig teuer: In Medizin zum Beispiel könnten die Verfahren gut 15000 Euro kosten.

Auch bei anderen Problemen kann der Gang zum Anwalt nötig sein. Achelpöhler empfiehlt aber, auch dann als ersten Schritt die ASta-Beratung der Hochschulen in Anspruch zu nehmen. "Wer einen Bescheid bekommen hat oder eine schlechte Note, gegen die er vorgehen will, sollte so schnell wie möglich zu unserer Beratung kommen", sagt Ulrike Jothe. Das größte Problem sei, dass viele zu spät kommen. Dann sind Fristen verstrichen, und es ist nichts mehr zu machen. Wer im letzten Prüfungsversuch durchgefallen ist, steht dann vielleicht schon kurz vor der Exmatrikulation.

Geht es ums Thema Studienfinanzierung, kann die studentische Bafög- und Studienfinanzierungsberatung an den Unis weiterhelfen, ebenfalls von Student zu Student. Miriam Ritter ist Bafög-Beraterin im ReferentInnenRat (RefRat) der Humboldt-Universität zu Berlin (HU), der dortigen Bezeichnung für ASta. Sie beantwortet alle Fragen zum Elternunterhalt und Wohngeld, zu Studienkrediten, zu einmaligen Übergangsdarlehen oder zu Studienstipendien.

Die Experten prüfen in der Regel zuerst, ob Studierende überhaupt die Kriterien für finanzielle Unterstützung erfüllen: "Wer in der ersten Ausbildung, deutscher Staatsbürger und unter 30 ist, hat schon einmal gute Karten, wenn das Einkommen der Eltern nicht zu hoch ist", sagt Ritter. Auch in der Bafög-Beratung vom RefRat gibt es einen Anwalt, der die Studierenden bei rechtlichen Fragen berät.

Rechtsanwalt Achelpöhler hält diese Rechts- und Sozialberatungen für eine gute erste Anlaufstelle: "Das ist kostenfrei, und die Anwälte dort verstehen etwas vom Bafög-Recht. Ein eigener Anwalt kommt immer ins Spiel, wenn es besonders dringlich oder kompliziert ist."

Doch nicht nur die Studentenvertretungen und Anwälte können Studenten helfen. Als dritte Alternative gibt es noch die Gewerkschaften, bei denen auch Studierende Mitglieder sein können. Hilfe gibt es dort zum Beispiel bei Streit um den Studentenjob oder um den Mindestlohn im Praktikum, sagt Matthias Neis aus dem Fachbereich Bildung, Wissenschaft und Forschung der Gewerkschaft Verdi.

Unterstützung rund um Bafög und andere Ansprüche bietet Verdi ebenfalls - doch auch Matthias Neis empfiehlt zunächst den ASta: "Bei allen Fragen rund um das spezielle Verwaltungsrecht im Studium, insbesondere beim Prüfungsrecht, sind die Studierendenvertretungen die richtige Adresse."

(dpa)
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