Historischer „Me Too“-Prozess: Berufungsgericht hebt Urteil gegen Harvey Weinstein auf
EILMELDUNG
Historischer „Me Too“-Prozess: Berufungsgericht hebt Urteil gegen Harvey Weinstein auf

Erzgebirge Bohren nach dem Nazi-Gold

Deutschneudorf · Hans-Peter Haustein hofft, endlich am Ziel zu sein: Seit Jahren sucht der Bürgermeister der Gemeinde Deutschneudorf im Erzgebirge nach dem Bernsteinzimmer - und den Goldschätzen, die sich darin türmen sollen. Seine Hoffnung hängt an überdimensinalen Bohrmaschinen.

Februar 2008: Schatzsuche im Erzgebirge
17 Bilder

Februar 2008: Schatzsuche im Erzgebirge

17 Bilder

Knirschend frisst sich der Bohrer durchs Gestein. Vor der aufsteigenden Staubwolke weichen die Schaulustigen zurück, Kameraleute bringen ihre Objektive in Sicherheit. Gleich darauf nähert sich die Menge aber schon wieder dem Erdloch in der Nähe des stillgelegten Bahnhofs von Deutschneudorf. Jeder möchte den Moment erleben, wenn der Hohlraum gefunden wird, in dem ein 1,9 Tonnen schwerer Goldschatz aus der NS-Zeit liegen soll.

Bürgermeister Hans-Peter Haustein, der schon seit zehn Jahren hier in der Nähe nach dem legendären Bernsteinzimmer sucht, gibt Interviews am laufenden Band. Er selbst habe 10.000 Euro in die Schatzsuche investiert. "Weil wir sicher sind, etwas zu finden", sagt der FDP-Bundestagsabgeordnete, dessen Unternehmen "Haustein-Aufzüge und Elektro" direkt gegenüber liegt.

"Seit dem Zweiten Weltkrieg fehlen Kunstschätze im Wert von rund zwei Billionen Reichsmark. Wenn wir das Gold, vielleicht auch verschollen geglaubte Gemälde oder sogar das Bernsteinzimmer finden könnten, das wäre ein richtiger Aufschwung für Deutschland", sagt er der Nachrichtenagentur AP.

Unerschütterliche Zuversicht

Haustein verströmt die unerschütterliche Zuversicht eines leidenschaftlichen Schatzsuchers, auch wenn die Bohrer an diesem Dienstag noch nicht auf den Hohlraum gestoßen sind. Auch wenn sie es am Ende dieser oder vielleicht in der nächsten Woche noch nicht geschafft haben sollten, die Hoffnung lässt er sich offenbar nicht nehmen. Mit einem schnellen Erfolg habe er am Dienstag ohnehin noch nicht gerechnet, dämpft er die Erwartungen.

Wenn die Schätze gefunden werden, dann gehören sie dem Staat. Die Schatzsucher hoffen aber auf eine Entschädigung oder auf Finderlohn, falls sie erfolgreich wären.

Das beauftragte Unternehmen, die Bergsicherung Schneeberg, brachte im Abstand von einem Meter systematisch Bohrungen in zehn Metern Tiefe nach dem Rasterverfahren ein. Bei einer der Bohrungen war eine Wasserfontäne ausgetreten und rasch wieder versickert.

Hier, in der Nähe des alten Bahnhofs, soll der Reichsarbeitsdienst kurz vor Kriegsende Gänge gegraben haben. Bei vorangegangenen Untersuchungen mit einem Spezialgerät war hier Metall geortet worden. "Eisen kann es nicht sein, der Computerausdruck verwies eindeutig auf Gold", hatte Haustein erklärt. Die entsprechenden Koordinaten hatte der Schleswig-Holsteiner Christian Hanisch nach Unterlagen seines verstorbenen Vaters Paul Hanisch ermittelt, der als Funker und Navigator dabei geholfen haben soll, "kleine, aber sehr schwere Kisten" von der Schorfheide bei Berlin zu einem Behelfsflughafen in der Nähe von Deutschneudorf zu fliegen, sagte Christian Hanisch, der nach eigenen Angaben sogar bereits 100.000 Euro in die Schatzsuche gesteckt haben will.

Kisten für ein Märchenschloss

"Diese Koordinaten, die aus dem Zweiten Weltkrieg stammen, können durchaus zehn bis 20 Meter abweichen. Deshalb wollen wir das Gebiet systematisch abbohren", erklärt Haustein.

Unter den Zuschauern ist Helmut Bauer, der sich noch gut daran erinnern kann, wie in seiner Kindheit der halbe Hof der nahe gelegenen Burg Greifenstein mit Kisten vollgestellt worden war. "Uns hatte man gesagt, das soll für ein Märchenschloss sein", sagt Bauer der AP. "Wir haben daran geglaubt, weil auf dem Hof die Figur des Froschkönigs mit der goldenen Krone stand. So geheimnisvoll, wie die Kisten hingestellt worden waren, so geheimnisvoll waren sie über Nacht auch wieder verschwunden", sagt Bauer. Er glaube fest daran, dass sich die Schätze in der Erde bei Deutschneudorf befinden würden.

Dagegen kann Sven Pietsch seine Skepsis nicht verbergen: "Die Nazis hatten doch ihre Verstecke mit Sprengladungen abgesichert", sagt er der AP. Da finde ich es aber gewagt, dass die Leute hier so nahe an das Erdloch rangelassen werden. Sogar Kinder sind dabei. Entweder sind sie leichtsinnig, oder: großes Fragezeichen."

(ap)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort