Schlüsselqualifikationen Die Note ist nicht alles

Bei der Bewerbung nach dem Studium ist nicht nur der Abschluss wichtig. Bei vielen Unternehmen hilft die beste Note nichts, wenn der Mitbewerber das bessere Gesamtpaket bietet. Die sogenannten Schlüsselqualifikationen sind wichtig.

 Nicht alle Kompetenzen, die man später für den Beruf braucht, erwirbt man im Hörsaal.

Nicht alle Kompetenzen, die man später für den Beruf braucht, erwirbt man im Hörsaal.

Foto: istockphoto.com/Yuri

Es gibt sie, diese Studenten, die während der Ausbildung nichts anderes tun, als für ihren Abschluss zu arbeiten. Die sich reinknien für die Bestnote - und dann bei der Bewerbung nach dem Studium mit ihrem Top-Zeugnis doch an dem ehemaligen Kommilitonen scheitern, der sich mit Ach und Krach durchs Studium gehangelt hat, weil er oft in Kneipen unterwegs war, in Unternehmen gearbeitet und im Ausland gelebt hat. Ist das ungerecht? Muss nicht sein. "Ich habe schon Leute mit super Zeugnissen erlebt, die im Bewerbungsgespräch aber völlig durchgefallen sind", sagt Klaus Zimmermann, Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Düsseldorf. "Die Note spielt eine wichtige Rolle, aber nicht bei jedem Unternehmen. Jede Firma hat ihre eigenen Regeln." Und die können höchst unterschiedlich sein.

Das Problem in vielen Personalabteilungen ist, dass sich Noten auf den Zeugnissen nur schwer miteinander vergleichen lassen. Eine Drei im Maschinenbau kann auch viel wert sein, wenn der Absolvent sie an der renommierten RWTH Aachen erreicht hat. "Der Vergleich über mehrere Hochschulen hinweg ist kaum möglich", erklärt dazu die Viadee Unternehmensberatung. Neben der Note ist fast immer interessant: Womit hat sich der Student in seiner Abschlussarbeit beschäftigt? Sind die Noten im Verlauf des Studiums besser geworden? Das können auch Pluspunkte sein.

Fast allen Unternehmen ist aber zunächst einmal wichtig, ob der Bewerber überhaupt in die Firma passt. Und darüber sagt eine Note nichts aus. Der Abschluss legt nur Zeugnis über die fachliche Eignung ab, die je nach Berufswunsch unterschiedliches Gewicht hat. In einem Labor zählt zum Beispiel zweifelsohne die fachliche Ausbildung mehr als soziale Kompetenz. Molekülen ist die Kommunikationsfähigkeit des Laboranten ziemlich egal. Im Management sieht das aber anders aus.

"Eine gute Ausbildung und sehr gute Noten sind die Voraussetzung, aber eben nicht alles. Wir möchten herausfinden, welcher Mensch dahinter steht", sagt Jens Plinke, als Personalmanager im Düsseldorfer Dax-Konzern Henkel zuständig für Neueinstellungen. Und die Grevenbroicher Hydro Aluminium GmbH achtet auf das Gesamtpaket der Bewerber: "Neben dem Abschluss spielen Praxiserfahrung, soziale Kompetenzen sowie das Auftreten im Vorstellungsgespräch eine große Rolle. Die Abschlussnote ist ein Kriterium von vielen."

Viele Hochschulen wissen das und weisen ihre Studenten früh darauf hin. "Mindestens gleichwertig zur Note oder sogar wichtiger in der Entscheidung für einen Bewerber sind die sogenannten Zusatzqualifikationen", heißt es in der Studiengangsleitung International Business der Karlshochschule: "Soziale Kompetenzen, hohe Eigenmotivation, Erledigungskompetenz, Veränderungsbereitschaft, Lernbereitschaft, Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen". Also durchweg Kompetenzen, die man nicht im Hörsaal erwirbt.

Deshalb sollten Studenten sich in ihrer Ausbildung auch Zeit für andere Dinge nehmen, um ihre Kompetenzen als Persönlichkeit zu schulen. Praktika sind wichtig, vermitteln erste Erfahrungen. Teamfähigkeit lässt sich schulen, beispielsweise beim Sport. In sozialen Engagements lässt sich die Fähigkeit, Projekte zu managen, schulen - sei es beim Roten Kreuz oder bei der Kirche. "Solchen Leuten merkt man an, ob sie Führungsqualitäten haben", sagt IHK-Geschäftsführer Klaus Zimmermann. Auslandserfahrung bringt nahezu überall Pluspunkte, ist aber nicht zwangsläufig ein Malus, wenn das Geld für ein Semester an der Pariser Sorbonne nicht gereicht hat. Dafür sollte man mit anderen Eigenschaften in der Bewerbung glänzen.

Henkel-Personaler Jens Plinke fasst seine Erwartungen an Bewerber zusammen: "Hat jemand auch mal über den Tellerrand hinausgeschaut? Henkel sucht grundsätzlich nach jungen Menschen, die ein hohes Maß an Eigeninitiative, Offenheit und Neugierde mitbringen."

(RP)
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