Köln Coldplay spielt immer noch himmelstürmend hymnisch

Köln · Die Band gab im Kölner E-Werk ein sogenanntes "Geheimkonzert" und stellte ihr neues Album "Ghost Stories" vor.

Köln: Coldplay spielt immer noch himmelstürmend hymnisch
Foto: Rolf Vennenbernd

Das Bemerkenswerteste an diesem Abend hat mit Musik nichts zu tun. Nach einer Stunde bittet Chris Martin darum, die Handys nun einmal einzustecken, und es gelingt. Bis dahin blieb das Konzertpublikum der Unsitte treu und filmte jeden Schritt der Band eifrig mit. Denn: So nah kam der Zoom den Helden nie.

Coldplay spielten jetzt ein Konzert im Kölner E-Werk, natürlich war der Abend ausverkauft, natürlich hat es sich gelohnt. 2000 Fans hatten ein Ticket ergattert oder beim Jugendradiosender gewonnen. Der Abend war Teil einer exklusiven Konzertreise, nur sieben Mal stellt die Band rund um den Globus ihr im Mai erscheinendes Album "Ghost Stories" vor. Normalerweise füllen Coldplay Fußballarenen. Seit Depeche Mode ihr eigenes Erbe verwalten und Bono von U2 nur noch nervt, sind sie die größte Stadionrockband der Welt.

In Köln gibt sich das britische Quartett im kleinen Kreis erfrischend unkonventionell. Der Sound ist nicht so breitwandig, die Show weniger ausgefeilt. An der Decke hängen Papiersterne, die aussehen, als habe Sänger Chris Martin sie schubkarrenweise beim letzten Montessori-Weihnachtsbasar eingekauft. Die Songs sind immer noch himmelstürmend hymnisch, in "Paradise" schichten sie den Klang wie Großmütter die Etagen einer Buttercremetorte.

"Fix You" spielen sie, "The Scientist", "Clocks" und "Viva la Vida", die großen Hits. An einem solchen Abend wird einem der Kosmos erst richtig bewusst, den diese Popband im letzten Jahrzehnt geschaffen hat. Was sie vom neuen Material preisgibt, muss bei den Fans erst einmal wirken. Die Band muss indes liefern: Vom letzten Album verkauften sie weltweit neun Millionen Einheiten - nur noch. Bei Coldplay muss man da von einer Krise sprechen.

75 Minuten spielen sie, zuletzt "A Sky Full of Stars", das ist eine Uraufführung, nie zuvor gab es den Song zu hören. "Unser Geheimnis" nennt es Chris Martin. Der Refrain klingt für Coldplay ungemein scharf, als gerate man in eine Kissenschlacht.

Später stehen die Fans noch lange vor der Halle, manche telefonieren aufgeregt in die Nacht, versuchen zu erklären, wie das war, als sie allein waren. Kein Display, kein Video - die Band und ich.

(RP)
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