Das sehr schöne neue Album von The National

Rock Ach, das ist jetzt die Zeit im Jahr, in der die Grundwärme verschwindet und man leicht friert und sich nicht sicher sein kann, ob das Kribbeln in der Nase schon erstes Anzeichen einer schweren Erkältung ist. Man braucht jedenfalls viel Milch mit Honig in diesen Tagen voller Wind und Nieselregen, vor allem im übertragenen Sinn, und die allerherrlichste Platte für den emotional aufreibenden Transit in den Herbst ist passenderweise gerade erschienen: "Sleep Well Beast" von The National ist so etwas wie eine akustische Übergangsjacke.

Rock Ach, das ist jetzt die Zeit im Jahr, in der die Grundwärme verschwindet und man leicht friert und sich nicht sicher sein kann, ob das Kribbeln in der Nase schon erstes Anzeichen einer schweren Erkältung ist. Man braucht jedenfalls viel Milch mit Honig in diesen Tagen voller Wind und Nieselregen, vor allem im übertragenen Sinn, und die allerherrlichste Platte für den emotional aufreibenden Transit in den Herbst ist passenderweise gerade erschienen: "Sleep Well Beast" von The National ist so etwas wie eine akustische Übergangsjacke.

Die Gruppe um den charismatischen Sänger Matt Berninger neigte immer schon der Schwermut zu, mancher nennt sie die amerikanischen Radiohead. Vielleicht sind sie genau deshalb die Lieblingsband Barack Obamas - der kennt sich ja aus mit den Freuden der Vergeblichkeit. Während The National sich auf ihren ersten sechs Platten aber immer mal Luft machten, indem sie wütend losrockten und die dunklen Wolken einfach wegpusteten, ist das neue Album "Sleep Well Beast" ein einziger langer Seufzer.

The National sehen den Blättern beim Fallen zu, der erste Song kommt überhaupt erst mit 20-sekündiger Verzögerung ans Laufen, und so schön gemurmelt wie hier hat Matt Berninger selten. Genau genommen atmet er lediglich aus, aber mit Klavierbegleitung. Berninger hat die Texte mit seiner Frau Carin Besser geschrieben, die beim Ostküsten-Magazin "New Yorker" arbeitet. Sie handeln vom Leid der mittleren Jahre, von den Haar-Rissen im Alltagsglück.

Nicht die großen Katastrophen sind Thema, sondern Details. Die untergründigen Spannungen in der Ehe. Die gedehnte Zeit. Das Grau. Und das allgemeine Druckgefühl im Magenraum. Manchmal wehen Jugenderinnerungen vorüber, etwa an den Sonnenbrand auf dem Arm der Mutter, damals im Urlaub in den 80er Jahren. Unter dem Gesang im wunderbaren "Guilty Party" pluckert Elektronik, manche Stücke sind sanft orchestriert, und in "Dark Side Of The Gym" hört man im Background Elfen singen.

Einen Hitsong gibt es nicht auf "Sleep Well Beast", das klassische Songschema halten The National selten ein. Es geht ihnen um Atmosphäre. Melancholie kann so wohltuend sein. Philipp Holstein

(RP)
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