Düsseldorf Der kleine Muck überlistet die Mobber

Düsseldorf · Als Familienstück für die Vorweihnachtszeit hatte Wilhelm Hauffs Märchen im Jungen Schauspielhaus Düsseldorf Premiere.

Düsseldorf: Der kleine Muck überlistet die Mobber
Foto: Junges Schaupsielhaus/ Hoppe

Kaum dass der Vater des kleinen Muck gestorben ist, macht sich die Verwandtschaft über das Erbe her. Für den armen, verwachsenen Muck bleibt kaum mehr übrig als eine zu weite Hose, ein weites Hemd und ein grotesker Turban auf dem zu einem Medizinball verformten Kopf. So tritt die Titelgestalt auf der Bühne ihre lange Reise der Demütigungen an. Eineinviertel Stunden wird Muck fortan über die beiden parallel verlaufenden roten Straßen eilen, die auf einer Drehbühne Fortbewegung suggerieren. In seinem eigenartigen Aussehen scheint er seinen Zeitgenossen als Mobbing-Opfer wie geboren. So nimmt das Stationendrama, welches das Junge Schauspielhaus des Düsseldorfer Theaters Kindern und Erwachsenen zur Vorweihnachtszeit anbietet, seinen gefahrvollen Lauf.

In orientalischem Stil ist Wilhelm Hauffs Kunstmärchen "Der kleine Muck" mehrfach in Erzählungen eingebettet - und erweist sich in der Inszenierung von Christof Seeger-Zurmühlen doch als gute Vorlage eines turbulenten Theaterstücks. Ein exotisches Orchesterchen, das zuweilen auf der Drehbühne mitfährt, bringt zusätzlich Schwung in die überraschungsreiche Aufführung. Einmal hebt sich ein zylindrischer Vorhang und gibt den Blick auf eine Geigerin frei, die im Nebel fidelt. Ein anderes Mal fliegt Geschirr über die Bühne.

Teresa Zschernig geleitet ihre Muck-Figur aufrecht und vielleicht etwas zu gut gelaunt durch alle Lebenslagen. Muck verlässt die Stadt, um sein Glück zu machen, und scheitert schon an der ersten Station. Bei einer seltsamen Frau findet er eine Anstellung, die ihm aufträgt, drei Katzen und einen Hund zu versorgen. Das geht so lange gut, bis die Katzen den Aufstand proben und ihre Teller fallen lassen. Die Folge ist Kündigung. Nur der Hund, in wundervoller Ungebärdigkeit gespielt von Bernhard Schmidt-Hackenberg, hält dem kleinen Muck die Treue. Mit ihm geht Muck auf Reisen, nachdem er sich den Lohn für seine zurückliegenden Dienste kurzerhand selbst ausgezahlt hat: in Form eines Paars Pantoffeln, mit dessen Hilfe man schnell laufen und fliegen kann, und eines magischen Stabs, der versteckte Schätze anzeigt.

Großartig die Szene, in welcher der kleine Held erstmals seine orientalischen Schnabelschuhe anzieht und am gesamten Körper zu vibrieren beginnt, wie die Schuhe eher mit ihm laufen wollen als umgekehrt und wie er sich an seine neue Errungenschaft gewöhnt. Mit den Pantoffeln erlangt er die Gunst des Königs und wird dessen Kurier, darf sogar des Herrschers "SMSM" zustellen: schnelle Meldungen Seiner Majestät. Dadurch aber provoziert er den Neid der Bediensteten, und man ahnt: Auch dieses Glück ist nicht von Dauer.

Maelle Giovanetti verleiht ihrem König die Züge eines Verrückten und zeigt damit in diesem Märchen auch ein wenig Hauff für Erwachsene: Kritik an einem maßlos überforderten Regenten.

Nachdem Muck nun mit Hilfe seines Stabs Gold hat regnen lassen, um es den Bediensteten zu schenken und sie zu Freunden zu machen, wird er des Diebstahls bezichtigt und flieht erneut. In einem Wald entdeckt er zwei Feigenbäume. Als er und sein Hund die Früchte des einen kosten, wachsen ihnen lange Zungen. Erst der Genuß vom anderen Baum, so stellt sich heraus, macht die Entstellung rückgängig. Ein guter Trick, mit dem man es dem König zeigen kann. Der hatte den kleinen Muck schließlich vom Hofe verjagt und seine Zauberpantoffeln beschlagnahmt. Auch der König bekommt nun eine lange Zunge, und der kleine Muck holt sich seine Schuhe zurück.

Am Ende triumphiert Muck über das königliche Pack, das nur lügt und betrügt. Der Erzähler weiß zu berichten, dass aus Muck ein weiser Mann wurde, der zurück in seine Heimat flog und sich an der Oststraße niederließ. Das klingt schön, entspricht aber nicht ganz der literarischen Vorlage. Denn Muck lebte zwar fortan in Wohlstand, aber einsam, weil er auf seinen Reisen die Menschen zu verachten gelernt hatte. In der Vorweihnachtszeit jedoch lässt man das der fesselnden Inszenierung gern durchgehen.

So weit unser Urteil. Und was sagt das Zielpublikum? Anja (12) hat sich vor allem das Bild vom zitternden Muck eingeprägt, der gerade in seine Zauberschuhe gestiegen ist. Sie findet, dass der Hund toll gespielt sei, lobt das bunte, sich verändernde Bühnenbild von Kirsten Dephoff und bedauert lediglich eins: dass der kleine Muck sie nicht dazu animierte, so richtig mitzufiebern.

Viel Applaus, zustimmende Pfiffe.

Tickets für ''Der kleine Muck'' in Düsseldorf gibt es bei westticket:

(RP)
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