Düsseldorf Die Stimme der Macht

Düsseldorf · Von Politikern weiß man schon länger, dass sie an ihrer Wirkung als Redner arbeiten. So senkte Maggie Thatcher ihre Stimme absichtlich und dauerhaft um eine halbe Oktave, um sie nicht mehr so piepsig klingen zu lassen. Und sie trainierte das schon, bevor sie Premierministerin wurde. Vielleicht hätte sie ja warten sollen. Denn Psychologen von den Universitäten von San Diego und Columbia haben jetzt herausgefunden, dass man seine Stimme automatisch ändert, sofern man sich mächtig fühlt.

Das amerikanische Forscherteam ließ 161 Studenten erst einen Text laut vorlesen, und dabei wurden ihre Stimmen aufgenommen. Dann wurden jeweils zwei Probanden zu einem Rollenspiel gebeten, in dem einer die Rolle des überlegenen Verhandlungsführers mit hohem Status und viel Wissen übernahm, während der andere den unterlegenen Verhandlungspartner spielte. Anschließend ließ man die beiden Probanden wieder einen Text vorlesen, um einen Vergleich mit der Stimme vor dem Rollenspiel nehmen zu können.

Dabei stellte sich heraus, dass die Probanden, denen man die dominanten Rollen gegeben hatte, weniger in ihrer Stimmhöhe, dafür aber mehr in ihrer Stimmlautstärke variierten. Eigentlich machten sie es so, wie Margaret Thatcher es damals bewusst einsetzte, nur dass sie in der Stimmlage nicht runter gingen. Aber sie hielten die Stimme in einer kräftigen, monotonen Tonlage, und das ist entscheidend.

"Denn wer in der Tonlage wackelt, wirkt unsicher", erklärt Studienleiter Adam Galinsky. Weil nämlich eine schwankende Tonlage signalisiert, dass man von Gefühlen gesteuert ist - und das passt nicht zur Macht, bei der man ja alles unter Kontrolle hat.

Mit einem Anheben der Lautstärke kann man hingegen die Aufmerksamkeit der Zuhörer steuern. Spricht man leise, müssen sie konzentriert ihre Ohren spitzen. Spricht man dann wieder laut, werden die Zuhörer gleichsam überfahren und ihre Gegenwehr damit gebrochen. Beides hat dieselbe Wirkung: Es erzeugt Respekt.

Die Studenten merkten in der Regel nicht, dass sie ihre Stimme im Gefühl der Macht veränderten. Aber als man ihre Sprachaufnahmen einer Reihe von anderen Leuten vorspielte, konnten die ziemlich zuverlässig sagen, wo jemand mit viel oder mit wenig Selbstbewusstsein sprach. "Als Zuhörer spüren wir die feinen Veränderungen, die uns Aufschluss über den Status einer Persönlichkeit geben", erklärt Galinsky.

Oder um es mit Friedrich Nietzsche zu sagen: Die Macht spürt immer derjenige zuerst, der sie nicht hat.

(RP)
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