Sitzplatz-Knigge Du sollst keine Bänke in Kirche und Konzert blockieren!

Düsseldorf · In den Weihnachtsgottesdiensten wird es wieder Ärger geben, weil Leute für Späterkommende Sitze mit Mänteln reservieren.

Sitzplatz-Knigge: Du sollst keine Bänke in Kirche und Konzert blockieren!
Foto: FRANZ-HEINRICH BUSCH

Alle Jahre wieder will Opa Willi zu Heiligabend seine Lieben in der Christmette um sich scharen. Wenn die Familie vereint dem Evangelium lauscht und danach die festlich dekorierte Krippe besucht, geht ein Jahrestraum für ihn in Erfüllung. Leider möchte die Familie bis zur letzten Sekunde daheim am Ofen sitzen. Deshalb muss Philipp, der Jüngste, an Heiligabend stets eine Stunde früher in die Kirche. Darüber ist er nicht unfroh, denn er hat es nicht so mit Familie. Dafür kriegt er einen Job: Er nimmt Schals und Mäntel mit, sucht eine leere Bank im Mittelschiff, blockiert sie mit den Kleidungsstücken, spielt wieder mit seinem Smartphone und sagt nur alle paar Minuten einen trainierten Verteidigungsspruch auf: "Nein, die Plätze sind belegt!"

Jeder Familie ist ein Gottesdienst in trauter Gemeinschaft zu wünschen, erst recht, wenn sie sonst das ganze Jahr über nicht zusammenkommt. Trotzdem ist das Freihalten von Plätzen eine Plage. Gibt es eine gesetzliche Grundlage für diesen fragwürdigen Reservierungs-Akt? Vermutlich nicht. Keiner kann etwas reservieren, das ihm nicht gehört, das er nicht gemietet oder er nicht in Gebrauch hat. Das kann in der Kirche nur der Pfarrer oder ein Amtsvertreter der Kirchengemeinde. Das Hinlegen von Mänteln oder Schals, um Plätze zu blockieren, kennen wir indes zur Genüge: aus Konzertsälen mit freier Platzwahl, aus Kinos oder (mit Handtüchern statt Mänteln) von Liegen am Pool südlicher Urlaubshotels.

Opa Willi meint das gar nicht so, er ist kein Großkotz, der sich Dinge unter den Nagel reißt. Aber er verordnet Philipp genau dies. Millionen Familien gehen Heiligabend schon eine Stunde vorher geschlossen in die Kirche, auch Willi sollte darüber mal nachdenken. Wie lernt er die Lektion schneller?

Nun, ein Gottesdienstbesucher, der einen dieser freien, aber belegten Plätze sieht, sollte die Mäntel wegschieben, sollte Platz nehmen und dem Philipp lächelnd entgegnen: "Ja, diese Plätze sind in der Tat jetzt belegt - von uns." Sollte ihm das peinlich sein, kann er sagen: "Ich habe Rückenschmerzen!"

Weihnachten ist das Fest der Liebe, Freude und Gerechtigkeit.

(RP)
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