Rap-Album Ein 23 Jahre altes Rap-Wunderkind

Das ist ein gutes Jahr für den HipHop. In den vergangenen Monaten erschienen großartige Alben von Kanye West und Kendrick Lamar, und genau genommen kann man auch die neuen Platten von Beyoncé und dem hierzulande wenig bekannten, aber in den USA enorm erfolgreichen Bryson Tiller dazu zählen. Es hat den Anschein, als definiere sich das Genre gerade neu, Religion ist nun ein wichtiges Thema, das Spirituelle an sich, und musikalisch geht es stark in Richtung Jazz.

Ein weiterer Höhepunkt ist nun "Coloring Book" von Chance The Rapper aus Chicago. Der 23-Jährige gehört der Entourage von Kanye West an, er half dem Meister bei den Lyrics von "Life Of Pablo", und der revanchiert sich nun, indem er den Zögling bei Twitter als seinen Lieblingsmenschen preist. West darf tatsächlich stolz auf seinen Schüler sein, Chance The Rapper ist eine meisterliche Platte gelungen, ein HipHop-Sommeralbum, das reich ist an Zitaten und musikalischen Einflüssen, das gut gelaunt klingt und groovt.

Chance The Rapper bedient sich in Funk und Jazz, bei Gospel und 80er-Jahre-Synthiesounds. Er hat eine beeindruckende Schar an Gästen um sich versammelt, Genre-Helden wie Lil' Wayne gehören dazu, Talente wie Future, Young Thug, Ty Dolla Sign - und Justin Bieber, den man hierzulande gern belächelt, der es aber soeben geschafft hat, drei Singles in den US-Top 10 zu platzieren. Chance The Rapper hat seine zwei Vorgänger-Alben als sogenannte Mixtapes zum Gratis-Download freigegeben, auch er kommt im Grunde ohne Plattenfirma aus, und wie populär er ist, zeigt die Tatsache, dass das aktuelle Werk das erste in der Geschichte des Pop ist, das allein durch Abrufe bei den großen Streamingdiensten in den Charts notiert wurde, auf Platz acht nämlich.

Eine CD gibt es bisher nicht, nicht mal die Möglichkeit zum Download. Das Faszinierende an "Coloring Book" ist nun, dass es nie überladen wirkt, wie das in manchen Momenten bei den Alben von Kanye West und Beyoncé der Fall ist. Man höre sich nur mal die Stücke "Summer Friends" und "Angels" an. Alles mutet leicht an, befreit von Zwängen. Das ist denn vielleicht der größte Vorzug von Chance The Rapper: seine Lässigkeit.

(RP)
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