Lehrerstudium Experte fordert Eignungstests

Frankfurt/Main (RPO). Manche Lehrer sind einfach nicht für ihren Beruf geeignet. So oder ähnlich klingen regelmäßig die Stoßseufzer von zahlreichen Schülern und Lehrern in Deutschland. Ein Bildungsforscher will dem vorbeugen und fordert einen verpflichtenden Eignungstest für Lehramtsanwärter.

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Foto: AP

Schon vor dem Studium sollten sich künftige Lehrer nach Ansicht des Bildungsforschers Reinhold S. Jäger auf ihre Berufseignung testen. Möglich sei dies etwa mit einer Art "Self-Assessment", bei dem Lehramtsanwärter vor Studienbeginn mit der Situation ihres Berufs konfrontiert werden, um ihre Eignung zu klären, sagte der Leiter des Zentrums für Lehrerbildung der Universität Koblenz-Landau der Nachrichtenagentur AP. Ein solcher Test wird bereits auf freiwilliger Basis angeboten.

Bei dem von der EU unterstützten Projekt "Career Counselling for Teachers" können Lehramtsanwärter im Internet Fragebögen zum Berufsfeld und der persönlichen Eignung durcharbeiten. Bei den Selbsterkundungsverfahren geht es um pädagogische Interessen, Persönlichkeit, Belastbarkeit und Lehreralltag.

Jäger erklärte, man könne über Einschreibeordnungen das Absolvieren eines solchen "Self-Assessments" vor Aufnahme eines Lehramtsstudiums vorschreiben. Damit habe man "eine gewisse Gewähr, dass bei den Lehramtsanwärtern eine Vorselektion stattfindet", sagte Jäger. Die Universität Koblenz-Landau will langfristig eine solche Selbstauswahl verpflichtend einführen, bisher wird sie empfohlen.

Diplompsychologen als Quereinsteiger

Nötig sei zudem eine gesellschaftliche Aufwertung des Lehrerberufs, der einer der wichtigsten Berufe sei, forderte der Psychologe und Erziehungswissenschaftler. "Welcher Beruf schleust so viele Kinder und Jugendliche durch, welcher Beruf steuert so stark das weitere Leben? Das verlangt von vorneherein, dass wir dafür die Besten der Besten finden müssen." Jäger plädiert zudem für eine leistungsorientierte Bezahlung von Lehrern, die sich besonders engagieren. "Auch wenn deutsche Lehrer im internationalen Vergleich beim Verdienst im Spitzenbereich sind, sollte man nicht nur über eine Deputatsreduzierung Anreize setzen, sondern auch über die Bezahlung."

Um Lehrermangel aufzufangen, spricht sich Jäger dafür aus, vermehrt auch Quereinsteiger einzustellen. Viele Diplompädagogen und -psychologen seien von ihrer Ausbildung her durchaus als Lehrer geeignet, wenn sie dann auch noch fachdidaktisch entsprechend gebildet würden. "Sie sind vertraut mit Lernprinzipien, dem Managen von Gruppen und Diagnostik - was man von Lehrern nach der alten Ausbildung nicht unbedingt erwarten kann", sagte Jäger.

Neuer Unterricht und individuelle Förderung

Im Dauerstreit um das gegliederte Schulsystem in Deutschland hält der Bildungsforscher die Unterrichtspraxis und die individuelle Förderung für wichtiger als die Systemfrage. Das Hauptproblem liege darin, dass Lehrer oft nicht diagnostizieren könnten, wo die Fertigkeiten ihrer Schüler lägen, weil sie dafür nicht ausgebildet würden, sagte Jäger. Individuelle Förderung müsse fachübergreifend und mit gezielten Maßnahmen geschehen "und nicht als eine Art von Ausgrenzung nach dem Motto 'Du brauchst mehr Förderunterricht'".

Zudem sei eine andere Unterrichtspraxis nötig - weg vom Frontalunterricht und hin zu selbstgesteuertem Lernen und einer Rhythmisierung des Unterrichts. Jäger spricht sich zudem dafür aus, das Tutoren- und Mentorenprinzip an Hochschulen auch an Schulen einzusetzen: Altere oder bessere Schüler könnten jüngeren oder schlechteren Schülern helfen. Davon profitieren laut Jäger alle Beteiligten.

(AP)
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