120.000 Jahre Kälteschlaf Forscher erwecken uraltes Bakterium zum Leben

University Park (RPO). US-Amerikanische Forschern haben ein Bakterium wieder zum Leben erweckt, das 120.000 Jahre lang in einer drei Kilometer tiefen Eisschicht in Grönland im Kälteschlaf schlummerte. Es soll nun Aufschluss über mögliches Leben jenseits der Erde liefern.

 Abbrüche von Gletschern müssen nicht zwingend mit dem Klimawandel zu tun haben.

Abbrüche von Gletschern müssen nicht zwingend mit dem Klimawandel zu tun haben.

Foto: AP, AP

Herminiimonas glaciei, so heißt das bisher unbekannte Bakterium, ist einer von nur fünf bekannten Vertretern der Gattung Herminiimonas, einer Gruppe von Mikroorganismen, die in Mineral- und Quellwasser lebt. H. glaciei ist bisher die einzige Art dieser Gattung, die im grönländischen Eis gefunden wurde.

Durch sein Überleben unter diesen harschen, kalten Bedingungen könnte das Bakterium Aufschluss über die Existenz von Leben auf anderen Planeten geben, glaubt Studienleiterin Jennifer Loveland-Curtze. Sie und ihre Kollegen von der Pennsylvania State University berichten im Fachmagazin International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology (DOI: 10.1099/ijs.0.001685-0) über das neu entdeckte Kleinlebewesen.

Die Forscher brauchten viel Geduld, bis sie Kolonien des pink-braunen Bakteriums zu Gesicht bekamen. Mittels eines Filters für extrem kleine Partikel isolierten sie die Mikrobe aus einer Eisprobe aus 3042 Metern Tiefe und ließen sie bei zwei Grad Celsius sieben Monate lang wachsen. Nach weiteren viereinhalb Monaten hatten sich einige Bakterienkulturen erholt und bildeten dünne und bewegliche Stäbchen. Die Mikroorganismen waren extrem klein - kleiner als viele Viren und etwa 10 bis 50 Mal kleiner als Escherichia coli, ein Bakterium aus dem Darm des Menschen.

Möglicherweise ist es gerade seine Größe, die das Kleinstlebewesen solange im Eis überleben ließ, sagt Loveland-Curtze. Sie nimmt an, dass Herminiimonas glaciei in feinsten Wasseradern zwischen Eiskristallen gelebt hat. Seine Geißeln hätten ihm möglicherweise geholfen, sich in den Wasseradern fortzubewegen und Nahrung zu finden. Im Eis sind auch Überreste von Pilz- oder Pflanzensporen, anderen Bakterienzellen, Staub und Mineralien eingeschlossen, von denen sich Herminiimonas glaciei ernährt haben könnte. Durch seine geringe Größe konnte das Bakterium möglicherweise einen Platz besetzen, für den die meisten anderen Lebewesen zu groß gewesen wären.

Die Wissenschaftler mutmaßen, dass ähnliche Mikroorganismen im Eis auf anderen Planeten als der Erde entstanden sein könnten, wie beispielsweise im Eis an den Polen auf dem Mars oder einem eisbedeckten Ozean auf Europa, einem Jupitermond. Die Ergebnisse dieser Studie könnten zudem Aufschlüsse geben darüber, wie Zellen unter diesen extrem rauen Bedingungen - Temperaturen bis minus 56 Grad Celsius, wenig Sauerstoff, wenig Nährstoffe, hoher Druck und begrenzter Platz - überleben oder gar wachsen können. Und noch etwas macht Herminiimonas glaciei für die Forschung interessant: Das mehr als 100 000 Jahre völlig isolierte Bakterium ist gegen einen Großteil der herkömmlichen Antibiotika resistent - warum, wissen die Forscher bislang nicht.

(DDP)
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