"Und es hat Blitz gemacht" Erfinder jagen Träume und Geld in Genf

Genf · Die Welt verbessern wollen Tüftler und Entwickler und stellen ihre genialen Einfälle auf der Erfindermesse in Genf vor. Die Bandbreite ist groß: von praktisch bis skurril.

Erfindermesse in Genf - das wird dort gezeigt
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Foto: dpa, car

Otto Wojciech ist genau das, was man sich unter einem richtigen Erfinder vorstellt. Erst stellt der Lkw-Fahrer fest, dass seine Tochter auf der Toilette nach dem großen Geschäft Berge von Papier benutzt, aus Angst, sich die Hand schmutzig zu machen. Darüber sinniert er auf seinen langen Fahrten nach, und als er eines Tages in einer Raststätte einen Kaffee trinkt, passiert es: "Und es hat Blitz gemacht", sagt der 50 Jahre alte Pole, der seit 20 Jahren in Rickling in Schleswig-Holstein lebt, bei der Erfindermesse in Genf.

Er tüftelte ein zweilagiges Toilettenpapier aus, dessen Blätter dank spezieller Prägung an einer Längsseite zu sind. So entsteht eine Art Tüte. "Garantiert bleiben die Hände sauber", sagt Wojciech. Das Papier gibt es auf der Toilettenrolle oder als Päckchen mit Einzelblättern, in einer Box an der Wand zu verstauen.

Wojciech hat ein Patent, da heißt das ganze "Hygienevorrichtung". "Zum hygienischen Entfernen von Verschmutzungen, wobei die Papierlagen eine Tasche mit einer Außenseite zur Aufnahme der Verschmutzungen, einer Innenseite zum Berühren mit einer Hand des Benutzers und einer Öffnung zum Einführen der Hand bilden." Das ganze sei "im Wesentlichen unabhängig von äußeren Abmessungen der Hand".

Die Erfindermesse ist ein Basar von Träumen und Möglichkeiten. Alle Ideen sollen die Welt verbessern. Viele der mehr als 700 Aussteller kommen aus Forschungsabteilungen und Wissenschaftsinstituten, beschäftigen sich mit Mechanik, Hydraulik, Geräten, Instrumenten - sehr technisch alles. Die Fantasie der Laien beflügelt eher das, was sich im Alltag wiederfinden würde, wenn es zur Marktreife käme.

Wie der Klip'Car des Schweizers Philippe Cabot. Er stellt einen Einkaufswagen vor, mit Deckel, der sich an die Anhängerkupplung des Autos hängen lässt. "Beim Einkaufen räumt man die Sachen aus dem Regal, in den Wagen, dann an der Kasse aufs Band, in die Taschen, ins Auto - mit diesem Wagen fällt das alles weg", sagt Marie-Claire Cordier. Das Ding ist 15 Kilo schwer, die Aufhängeinrichtung dürfte ein paar hundert Euro kosten. Gedacht ist es für Supermärkte, die den Wagen auf Leihbasis anbieten, oder auch für Privatbesitzer.

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Foto: dpa-tmn/Garmin

Igor Ustinov stellt ein Hausbausystem aus Plastikflaschen vor. Er lässt das recycelte Material zu drei Meter langen hohlen Balken verarbeiten. Die können dann mit Sand oder Erde gefüllt und fast nach Lego-Art zusammengebaut werden.

"Wir lösen zwei Probleme in einem: die Plastikflaschen landen nicht in der Natur und gleichzeitig wird nichts abgeholzt, um Häuser zu bauen", sagt Ustinov. Die Häuser seien so standfest wie Betonbauten, aber nur halb so teuer. Ustinov ist von Beruf Bildhauer. Er führt aber die philantropischen Einrichtungen seines Vaters, des 2004 gestorbenen britischen Schauspielers Peter Ustinov, weiter. Bei einem Einsatz in einem Waisenhaus in Russland kam ihm die Idee, wie er sagt.

Neugierig machen auch diese Produkte: der Klapproller mit Motor, der sich auf Fußtritt von allein zusammenfaltet, der Nagelputzstein, der Fingernägel mit Diamantstaub zum Glänzen bringt, die bunt verpackte Zahnarztspritze ohne sichtbare Nadel aus dem Iran, die die Betäubung für Kinder zu einem "lustigen, bunten Erlebnis" machen soll.

Die Aussteller demonstrieren mit großem Einsatz ihre Erfindungen. Wer gut verkaufen kann, zieht besonders viele Neugierige an. Männer und Frauen in dunklem Kostüm oder Anzug, die mit strengem Blick und Aktentasche durch die Gänge gehen, werden als mögliche Investoren beäugt. Otto Wojciech fährt erstmal weiter Lkw. "Irgendwo muss ja Geld herkommen", sagt er und lacht mit dem Klopapier in der Hand.

(dpa)
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