Forschung Der Neandertaler kannte Schmerzmittel

Mettmann · Jüngste Forschungen haben ergeben, dass der Neandertaler verschiedene Pflanzen als Medizin einsetzte. Offenbar nutze er vor 50.000 Jahren sogar schon den Wirkstoff vom heutigen Aspirin.

 Die Neandertaler lebten vor 50.000 Jahren in der Region, starben aber aus. (Symbolbild)

Die Neandertaler lebten vor 50.000 Jahren in der Region, starben aber aus. (Symbolbild)

Foto: Moesgaard Museum

Um Himmelswillen, schon wieder Migräne! Wo ist die Kopfschmerztablette? Schublade auf, Pille einwerfen, abwarten. So einfach ist das heutzutage, wenn es mal wieder irgendwo wehtut. Und beinahe so einfach war's offenbar auch schon vor 50.000 Jahren. Plagten unsere Vorfahren im Neandertal quälende Zahnschmerzen, griffen sie einfach zur Pappel. Das zumindest hat nun ein Forscherteam der Universität Adelaide festgestellt. Und das Verfahren gilt als ungewöhnlich. Kratzte man doch am Zahnbelag der in einer spanischen Höhle gefundenen Neandertaler, um dort auf die DNA eben jener Pappel zu stoßen. Und die wiederum enthielt Acetylsalicylsäure, besser bekannt als "Aspirin". Damit aber war's noch längst nicht genug. Einer der Herren aus der spanischen Höhle litt offenbar unter Durchfall und hatte nachweislich auf einem antibiotisch wirksamen Schimmelpilz herumgekaut. Ebenfalls im Zahnbelag nachgewiesen: Penicillin.

"Das Verfahren ist ungewöhnlich, weil man mittlerweile die DNA der Pflanzenreste untersuchen kann. Früher mussten die Pflanzenbestandteile so groß sein, dass sie unterm Mikroskop analysiert werden konnten", weiß auch Bärbel Auffermann, dass damit mal wieder ein Meilenstein der Forschung gelungen ist. Das Ergebnis überrascht die stellvertretende Leiterin des Neanderthal Museums hingegen weniger: "Wir haben den Neandertalern schon immer viel zugetraut. Also auch, dass sie sich mit Pflanzen und ihren Wirkungen auskennen."

Neandertaler führten Operationen durch

Eines ist jedenfalls klar: Als Jäger lebten die Neandertaler ziemlich gefährlich. Ausgeklügelte Überlebensstrategien halfen dabei, in der rauen Umwelt bestehen zu können. Mit besonders dicken Kniegelenken sollen tiefe Sprünge abgefedert worden sein. Eine große Nasenhöhle soll Erkältungen verhindert haben. Hustende und verschnupfte Neandertaler? Wohl eher selten.

Verschleißerscheinungen wie Arthrose oder Mangelerkrankungen wie Rachitis soll es hingegen schon gegeben haben. Als Vorzeigeexemplar gilt ein Fund aus dem Neandertal. Der etwa 60-jährige Greis litt unter Rachitis, musste mit einer verheilten Kopfverletzung leben und dazu hatte er sich auch noch den Ellbogen und den linken Unterarm gebrochen. Nach heutigen Maßstäben krankenhausreif war offenbar auch der Mann aus der Shanidar: Aber genau dort, in Shanidar, wurde bereits das Geheimnis um das Heilwissen der Steinzeitmenschen gelüftet. Denn dort hatte man schon vor Jahren im so genannten Blumengrab der Neandertaler den Blütenstaub von insgesamt 28 verschiedenen Pflanzen gefunden. Neben dem als Heilkraut überlieferten Beifuß befanden sich darunter sechs verschiedene Arten der Schafgarbe, die allesamt wundheilend, schweißtreibend und blutdrucksenkend wirken.

Übrigens: Auch Operationen soll es schon gegeben haben. Vorstellen will man sich das wohl eher nicht. Denn dabei wurde offenbar mit einfachem Steinwerkzeug zu Werke gegangen, um Verletzungen am offenen Schädel zu versorgen. Und das sollen die meisten Operierten dann auch noch überlebt haben. Vermutlich mit einem Schlag vor den Kopf - schließlich war an Narkose oder einen Schnaps zur Betäubung nicht zu denken. Und der erste Gedanke danach? Ich brauch' dringend 'ne Aspirin! Wo stand noch mal die Pappel?

(magu)
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