Solar Impulse 2 startet Allein mit der Kraft der Sonne

Abu Dhabi · Die Erde umrunden in einem Flugzeug ohne einen Tropfen Kerosin: Der Schweizer Flugpionier Bertrand Piccard will beweisen, dass das geht. Sein mit Solarenergie betriebenes Flugzeug "Solar Impulse 2" ist nun in Abu Dhabi gestartet. Jetzt liegen 35.000 Kilometer vor ihm.

März 2015: Die "Solar Impulse 2" startet zur Weltumrundung
12 Bilder

März 2015: Die "Solar Impulse 2" startet zur Weltumrundung

12 Bilder
Foto: dpa, uw

Mit einem Ballon hat Bertrand Piccard die Erde schon einmal umrundet. Knapp 20 Tage brauchte er für seinen Weltrekord. Dabei wäre er fast vom Himmel gefallen. Als Piccard 1999 nach seiner Nonstop-Ballonfahrt in Ägypten landete, war sein Propangas-Tank fast leer. "In diesem Moment habe ich mir geschworen: Wenn ich das nächste Mal um die Erde fliege, dann ohne Treibstoff." Mit dem Sonnenenergie-Flugzeug "Solar Impulse 2" (Si2) setzt er nun seinen Traum in die Tat um.

Nach mehreren erfolgreichen Tests ist die "Solar Impulse 2" (Si2) am Montag (9. März 2015) in Abu Dhabi am Persischen Golf zu ihrer Reise rund um den Globus gestartet. 35.000 Kilometer in zwölf Etappen soll die Maschine zurücklegen — ohne einen Tropfen Kerosin.

#Si2 with @andreborschberg on board took off at 07:12 UTC+4 in #AbuDhabi for #Flight1 to #Oman! @bertrandpiccard pic.twitter.com/eSbeTrkSub

Es ist mit 2,3 Tonnen so leicht wie ein Auto der Mittelklasse und hat mit 72 Metern eine größere Flügelspannweite als ein Jumbojet. Die Si2 soll alle Voraussetzungen erfüllen, um ohne Treibstoff um die Welt zu fliegen. Die Energie wird mit Hilfe von über 17.000 Solarzellen auf den Flügeln gewonnen. Lithium-Polymer-Batterien geben die gespeicherte Solarenergie an vier Elektromotoren weiter. Diese habe eine maximale Leistung von je 15 Kilowatt.

Bei der Erdumrundung geht es Piccard nicht um Geschwindigkeit. 25 Tage soll das Unterfangen dauern. Die Höchstgeschwindigkeit der Si2 beträgt gerade einmal 140 Stundenkilometer. Auch strebt er keinen Non-Stop-Flug an. Obwohl da nicht die Technik das Problem ist. "Unser Flugzeug könnte einen Monat nonstop in der Luft sein", hatte Piccards langjähriger Freund und Projektpartner André Borschberg im April 2014 bei der Vorstellung der Si2 gesagt. Mehrere Etappen seien nötig, weil kein Pilot so lange durchhalten kann, wie die vergleichsweise langsame Maschine für die Erdumrundung benötigt.

In zwölf Etappen werden sich Piccard und Borschberg mit weiteren Piloten im Ein-Personen-Cockpit der Si2 abwechseln. Borschberg hat in der ersten Etappe in geschätzten zwölf Stunden den Sonnenflieger von Abu Dhabi nach Maskat im Sultanat Oman gebracht, und landete die von vier solarbetriebenen Elektromotoren angetriebene Maschine am Montagabend um 20.14 Uhr Ortszeit (17.14 MEZ) im Sultanat Oman, wie ein AFP-Fotograf berichtete. Die insgesamt 35.000 Kilometer ihrer Weltreise wollen Piccard und Borschberg an 25 Flugtagen innerhalb von fünf Monaten zurücklegen.

Von Maskat führt die Route der Si2 nach Indien und China bis in die USA. Von New York geht es dann weiter nach Südeuropa oder alternativ nach Nordafrika. Ende Juli oder Anfang August soll die Maschine dann wieder am Persischen Golf ankommen.

Wishing good luck to my dear friend and adventure partner @andreborschberg on the #RTW first leg tomorrow! #Si2 pic.twitter.com/ZFzS2DdaF9

Doch was bezwecken die Flugpioniere mit dem waghalsigen Flug? Ihr wichtigstes Ziel sei es, weltweit die Unterstützung für umweltschonende Energien zu verstärken, erklärten Piccard und Borschberg. Sie wollten zeigen, wie saubere Technologien die Welt verändern können. "2015 kann zu dem Jahr werden, in dem wir aufhören, unseren Planeten zu zerstören", heißt es auf der am Sonntag zur Begleitung des Si2-Projekts gestarteten Internet-Plattform "Future is clean" (die Zukunft ist sauber).

In einem Interview mit der Zeit hatte Piccard zudem erklärt: "Der Schutz der Umwelt ist langweilig und teuer." Der Solarflug sei aber aufregend und wecke auch das Interesse für saubere Energien selbst bei Menschen, die damit bisher nichts am Hut haben. "Ich will zeigen, dass man unglaubliche Dinge schaffen kann, allein mit der Kraft der Sonne."

Ihre Erfahrungen mit der Technologie des Sonnenfliegers wollen Piccard und Borschberg im Dezember bei der Weltklima-Konferenz in Paris vorstellen. Dabei nutzt der Solarflieger nach eigenem Bekunden nicht nur die Raumfahrtechnik: Für das Projekt würden "die effizientesten Motoren der Welt", die besten Batterien und LED-Lampen, die leichtesten Baustoffe und das dünnste Isoliermaterial genutzt. "Die von Bayer entwickelte Isoliertechnik findet sich zum Beispiel schon in besonders energieeffizienten Kühlschränken wieder", so Piccard.

Für die Finanzierung des rund 150 Millionen Franken teuren Projekts konnten Piccard und Borschberg daher auch Industrieunternehmen gewinnen, die mit der Luftfahrt nichts zu tun haben. "Sie setzen darauf, dass sie die mit uns erprobten Innovationen für ihren eigenen technischen Fortschritt nutzen können", sagt Piccard.

Dass die langsame Ein-Mann-Maschine keine Konkurrenz für herkömmliche Flugzeuge bedeutet, ist Piccard aber auch klar. Doch eines Tages, da ist sich der Flugpionier sicher, werden Sonnenflieger mit Geschwindigkeiten unterwegs sein, wie sie heute nur kerosinbetriebene Düsenjets ermöglichen. Und auch mit der entsprechenden Nutzlast. "Von den Wright-Brüdern bis zu Flugzeugen mit 400, 500 oder gar 600 Menschen an Bord dauerte es nicht einmal 100 Jahre."

(rm)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort