Letzter Aufsatz Stephen Hawkings kosmologisches Vermächtnis passt auf 16 Seiten

Düsseldorf · Nur knapp zwei Wochen vor seinem Tod, am 4. März, ist Hawkings letzte 16-seitige Arbeit fertig geworden. Sie trägt den Titel trägt: "Ein glatter Ausstieg von der ewigen Inflation?" Dahinter verbirgt sich ein neuer Ansatz, der den Ursprung unseres Universums in ein etwas anderes Licht rückt – und prüfbare Vorhersagen erlaubt.

 Stephen Hawking (Archivaufnahme).

Stephen Hawking (Archivaufnahme).

Foto: afp, goh/ta/ZQ

Kurz vor seinem Tod ist Stephen Hawkings letzter Aufsatz fertig geworden. Er trägt den Titel: "Ein glatter Ausstieg von der ewigen Inflation?" Dahinter verbirgt sich ein neuer Ansatz, der den Ursprung des Universums in ein etwas anderes Licht rückt — und prüfbare Vorhersagen erlaubt.

Um das zu verstehen, muss man zunächst zurückblicken: Stephen Hawking und Roger Penrose hatten Ende der 1960er und Anfang der 1970er gezeigt, dass Singularitäten im Universum möglich sind: Quasi Punkte im Raum, in denen Masse und Energie verdichtet sind. Solche Singularitäten sind die Grundlage für "Schwarze Löcher" im All, deren Schwerkraft noch nicht einmal Licht entkommen kann. Und denkt man das noch weiter, könnte auch der Urknall, die "Geburt" unseres Universums, aus einer solchen Singularität herrühren.

Hawking indes konnte sich gerade mit diesen Gedanken nie sonderlich anfreunden. Es erschien ihm absurd, dass die Physik an einem Punkt aus unerklärlichen Gründen ihren Anfang genommen hatte — ohne dass wir sagen können, was davor war.

In den 1980ern verfolgte er darum mit James Hartle einen anderen Weg: Der Urknall war demnach kein Anfang, sondern tatsächlich nur ein Übergang. Die Frage nach dem "Vorher" würde sich nicht stellen, weil selbst Zeit nicht existent war. Vielmehr gab es nur Quanten. Und aus kleinen Schwankungen dieser kleinsten Teilchen entstand dann das Universum. So "ähnlich wie die plötzliche Bildung von Gasblasen in einem Kochtopf mit Wasser", sagte Hawking.

Sein Modell litt aber unter dem Problem aller kosmologischen Modelle: Alles ist denkbar, weil die diversen Theorien sich kaum prüfen lassen. Dafür müssten sie Vorhersagen machen, die sich messen ließen. Zudem stieß Hawking auf ein anderes Problem, das er zunächst nicht erklären konnte. Nach der gängigen Theorie kam es kurz nach dem Urknall zur Inflation: Das sehr, sehr junge Universum blähte sich förmlich auf. In rasanter Geschwindigkeit. Eine der Folgen ist, dass so auch unbegrenzt viele Universum entstanden sind und entstehen.

Hawkings letzte Arbeit verbindet nun die Theorien. Er und Hertog kommen dabei zu einem Schluss: Die Zahl der möglichen Universen ist tatsächlich nicht unbegrenzt, sondern begrenzt. Und das begrenzt dann auch, nach welchen Daten man in der kosmischen Hintergrundstrahlung suchen muss — als Nachweis für andere Universen "neben" unserem Kosmos.. Die 16-seitige Arbeit ist zwar keine Bauanleitung für ein Messgerät. Sie macht aber Vorhersagen. Und das wäre ein erster Schritt, um kosmologische Theorien tatsächlich auf ihre Richtigkeit zu testen — und um so ein neues Bild des Universums und sogar der möglichen Universen zu erhalten.

Denn bislang ist der einzige Prüfstein, dass jede kosmologische Theorie am Ende auch das Weltall beschreibt, dass wir tatsächlich beobachten können. Hätte Hawking allerdings recht, dann sieht unsere Zukunft düster aus. Das Universum würde sich immer weiter ausdehnen. Bis in vielen Milliarden Jahren alle Sterne erloschen sein werden. Ausgeglühte Sternenleichen würden den Kosmos beherrschen, der dann nichts mehr sein wird als ein düsterer Friedhof.

"Mein Ziel ist einfach das vollständige Verständnis des Universums — warum es ist, wie es ist, und warum es überhaupt existiert", hat Stephen Hawking einmal gesagt. Dem könnte er in seiner letzten Arbeit und den Tod vor Augen sehr nahe gekommen sein. Die Ergebnisse des 16-seitigen Papiers werden derzeit geprüft und sollen dann in einem Fachmagazin erscheinen, um von Astrophysikern diskutiert oder sogar noch erweitert zu werden.

(jov)
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