Frankfurt/M. Hochhaus-Preis für Christoph Ingenhoven

Frankfurt/M. · Ausgezeichnetes Bürogebäude des Düsseldorfer Architekten steht in Sydney.

Wem in der Heimat der Wind ins Gesicht bläst, der erhält oft in der Ferne Rückenwind. So ergeht es derzeit dem Düsseldorfer Architekten Christoph Ingenhoven. Für seinen Umbau des Stuttgarter Bahnhofs wurde er heftig angegriffen, für seinen Wolkenkratzer im australischen Sydney ist er jetzt mit dem Internationalen Hochhaus-Preis ausgezeichnet worden. Damit erhält erstmals ein deutscher Architekt den renommierten und mit 50 000 Euro dotierten Preis.

Der ist auch mit einer Schau im Frankfurter Architekturmuseum verbunden. Sie zeigt neben dem Gewinner die weiteren 25 Projekte, die in die engere Runde gekommen sind. Dabei ist der Beste der Kleinste. Ingenhoven hat nämlich zusammen mit seinem australischen Partner Ray Brown – der nicht nur Ortskenntnisse, sondern auch Ideen zur Gestaltung einbrachte – ein nur 139 Meter hohes Büro-Hochhaus gebaut. Die in Frankfurt gut vertretene internationale Konkurrenz von Norman Foster über Dominique Perrault bis zu Frank Gehry hat ihre Bauten fast doppelt so hoch in die Lüfte geschraubt. Dennoch konnten sich Ingenhoven und Brown durchsetzen. Das ist nicht erstaunlich, denn Ingenhoven ist für elegante Bauten bekannt, aber auch dafür, dass er das ganze Umfeld im Blick hat. Das wurde gestern bei seiner Stellungnahme deutlich: "Ein Hochhaus soll soziale, kulturelle, städtebauliche, ökologische und menschliche Qualitäten haben." Allein die Reihenfolge der Aufzählung ist bemerkenswert.

Was den Bau so außergewöhnlich macht? Beginnen wir mit der elliptischen Bauform, die aus dem dreieckigen Grundstück in Hafennähe resultiert. Diese Form erlaubt es, dass alle Büros einen Blick auf das Wasser haben, da auf der Rückseite des Baus die komplette Versorgung untergebracht ist. Mit einer gläsernen Doppelfassade holen die Architekten viel Licht ins Haus, aber auch viel Luft. Der 20 Meter hohe Eingangsbereich kann komplett geöffnet werden, so dass die Luft zirkuliert zum Atrium in der Mitte, das sich bis in die Spitze durchzieht. Die Doppelfassade schützt vor Hitze, auch wenn man nicht auf Klimaanlagen verzichtet. Dafür werden täglich 100 000 Liter Brauchwasser aus Sydneys Abwasserleitungen gereinigt und für die Kühlung und zur Toilettenspülung genutzt.

Kurzum: ein ästhetischer Bau mit innovativer und intelligenter Technik. Und die hohen Eingangstreppen laden zum Sitzen ein. Tatsächlich herrscht dort ein reges Treiben. Der Bau hat also zur Belebung und nicht zur Verödung des Quartiers beigetragen.

Dagegen kamen die anderen Projekte nicht an, auch wenn sich Ingenhoven und Brown gegen einen neuen Trend stemmen: Die vier weiteren in die engere Wahl gekommenen Bauten sind allesamt Wohntürme in Singapur, Kuala Lumpur, New York und im kanadischen Mississauga. Was in Deutschland ungute Erinnerungen an die Trabantenstädte der 60er- und 70er-Jahre weckt, ist in Asien längst modern. Dort stehen zehn der 26 vorgestellten Projekte. Asien boomt, Amerika baut wieder mehr, und Australien schließt mit seinem ersten nachhaltigen Hochhaus allmählich auf. Sogar Australiens Premierministerin hat ihr Büro verlegt: in den Bau von Ingenhoven/Brown.

Die Ausstellung zum Preis: Deutsches Architekturmuseum, Frankfurt/M., bis 13. Januar; Di. und Do.-Sa. 11-18, Mi. 11-20, So. 11-19 Uhr; Eintritt: 7 Euro. Katalog: 25 Euro. Internet: www.dam-online.de

(RP)
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