Bremen/Gütersloh Kinder als Schlaganfall-Patienten

Bremen/Gütersloh · Etwa 300 Jugendliche sind pro Jahr in Deutschland betroffen.

Langsam greift Justin nach dem nächsten Haltegriff in der senkrechten Kletterwand. Dann zieht sich der Neunjährige hoch, ein Fuß tastet kurz, hat dann aber schnell den nächsten Vorsprung gefunden. Die Kletterwand im Neurologischen Rehabilitationszentrum der Bremer Stiftung Friedehorst geht bis kurz unter die Hallendecke – eine Herausforderung für Schlaganfallpatienten wie Justin. Wochenlang hat der Junge schon trainiert, mittlerweile schafft er die Strecke mühelos.

Oben angekommen, drückt Justin auf ein Quietschetier und gibt Physiotherapeut Heiko Michelsen so das akustische Zeichen zum Abseilen. "Toll gemacht", lobt Michelsen.

Was der Junge scheinbar selbstverständlich meistert, ist ein kleines Wunder, denn im Oktober vergangenen Jahres schien sein bisheriges Leben plötzlich vorbei zu sein, als er ohne Vorzeichen einen Schlaganfall erlitt. Im Alltag gebe es dann viele Probleme und Unsicherheiten, sagt Deutschlands einziger "Schlaganfall-Kinderlotse" Marco Vollers (45), der in der Stiftung Friedehorst arbeitet.

Etwa 300 Kinder und Jugendliche erleiden nach Angaben der Deutschen Schlaganfall-Hilfe jedes Jahr in Deutschland einen Schlaganfall, ein Drittel schon als Neugeborene oder im Mutterleib. Die Dunkelziffer ist hoch.

Ein Schlaganfall bedeutet, dass die Funktion des Gehirns plötzlich gestört ist, meist weil ein Blutgefäß verschlossen ist und sich ein Blutgerinnsel bildet. Auch Hirnblutungen können zum Schlaganfall führen. Nervenzellen werden dann nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt und sterben in jeder Sekunde des Anfalls ab. Deshalb zählt nach einem Schlaganfall jede Minute.

Symptome sind plötzliche Sehstörungen, Sprach- und Verständnisstörungen, Bewegungsstörungen, Lähmungen oder Taubheitsgefühle, extreme Kopfschmerzen. Die Ursachen sind vielfältig, meist kommen mehrere Faktoren zusammen. Dazu gehören eine erhöhte Thrombose-Neigung, Herzerkrankungen, Stoffwechselstörungen sowie Erkrankungen der roten Blutkörperchen oder des Bindegewebes.

Allgemeine Risikofaktoren sind überdies Bluthochdruck, Diabetes, Fehlernährung bei Übergewicht, Bewegungsmangel, bei Erwachsenen darüber hinaus Rauchen und Alkohol.

(EPD)
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