Probleme in den Alpen Der Klimawandel nagt am Mont-Blanc-Massiv

Grenoble (RPO). So schnell werden die Einwohner des kleinen französischen Bergdorfes Tignes das zweite September-Wochenende nicht vergessen. Unter riesigem Getöse hatte sich in 3400 Metern Höhe ein 12.000 Kubikmeter großer Felsbrocken von den Drus-Bergkette im Mont Blanc-Massiv abgelöst und war donnernd nach unten gestürzt.

Entdeckungstour rund um den Montblanc
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Es dauerte fast eine Stunde, bis sich die riesige Staubwolke aufgelöst hatte und den Blick auf die imposanten Gipfel wieder freigab. An solch spektakuläre Ereignisse werden sich die Menschen in den Alpen gewöhnen müssen, fürchtet Ludovic Ravanel, Klimaexperte beim staatlichen Forschungsinstitut CNRS und der Universität Grenoble. Es werde immer häufiger vorkommen, dass sich Felsen ablösten - und die Brocken würden womöglich immer größer, warnt der Franzose. Denn an den Alpen nage der Klimawandel. Das Phänomen sei seit den 80er Jahren zu beobachten und es sei davon auszugehen, dass es sich noch verstärken werde. "Wir wissen aber nicht, in welchem Umfang".

Allein seit dem Jahr 2007 seien im zentralen Mont Blanc-Massiv 182 Abbrüche registriert worden, berichtet Ravanel. Besonders spektakulär war nach seinen Angaben 2005 der Absturz von 265.000 Kubikmetern Gestein - ebenfalls in den Drus-Bergen. Dabei wurde auch der Bonatti-Felspfeiler in die Tiefe gerissen, der seit Menschengedenken zum Panorama dieser Bergkette gehört hatte.

Erderwärmung ist schuld

Die Ursache für das Abbröckeln sei "zweifelsohne" die Erderwärmung, betont der Forscher. Sie habe dazu geführt, dass heute selbst in sehr großer Höhe nicht mehr ständig Temperaturen unter Null herrschen. Den Erkenntnissen von Geologen und Klimaforschern zufolge stabilisierte der permanente Frost über Jahrtausende die Felsen - durch das Eis in den Steinritzen, das wie Beton wirkt. Schmilzt das Eis und wird zu Wasser, dann fehlt dieser "Beton".

Der Temperaturanstieg habe die natürliche Verwitterung der Felsen somit deutlich verstärkt, erläutert Ravanel. Im Wintersportort Chamonix beispielsweise sei die Durchschnittstemperatur seit 1936 um zwei Grad angestiegen. Die Gletscher auf den Gipfeln würden von Jahr zu Jahr immer kleiner. Die Gletscherschmelze wiederum verstärke die Erwärmung des Felsens. "Das Eis refektiert die Sonnenstrahlen, doch Gestein ist ein Wärmeträger", erklärt der Experte. Für die Zukunft ist der Forscher wenig optimistisch. Felsabbrüche werde es immer häufiger geben - selbst im Winter, prophezeit er.

(AFP/felt)
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