SPD-Chef kritisiert Merkel nach Klimagipfel "Unsere Kinder und Enkel werden uns verfluchen"

Berlin (RPO). Bundeskanzlerin Angela Merkel warnt nach dem wachsweichen Ergebnis des Klimagipfels von Kopenhagen davor, alles schlechtzureden. Doch ihre Kritiker geben sich unversöhnlich. Vor allem bei SPD-Chef Sigmar Gabriel stößt sie auf massiven Widerspruch.

 SPD-Chef Sigmar Gabriel hält das Ergebnis von Kopenhagen für einen "flauen, weichen Kompromiss."

SPD-Chef Sigmar Gabriel hält das Ergebnis von Kopenhagen für einen "flauen, weichen Kompromiss."

Foto: ddp, ddp

Er hält nichts von Merkels Mahnung. Im Gegenteil: Er habe jene Teilnehmer des Umweltgipfels verstanden, die gegen diesen "flauen, weichen Kompromiss, in dem ja nichts drinsteht", gestimmt haben, so Gabriel am Sonntag in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin". In dem Kompromiss sei nichts darüber enthalten, wie man das Ziel, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, erreichen wolle.

Gabriel sagte: "Ich fände es falsch, einen solchen Scheinkompromiss als Erfolg zu verkaufen. Die Staats- und Regierungschefs der Welt sind ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden." Der SPD-Politiker fügte hinzu: "Unsere Kinder und Enkel werden uns verfluchen, wenn es nicht gelingt, diese Haltung aufzubrechen."

Kopenhagen - "ein erster Schritt"

Merkel hatte der Zeitung "Bild am Sonntag" gesagt: "Kopenhagen ist ein erster Schritt hin zu einer neuen Weltklimaordnung, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Wer Kopenhagen jetzt nur schlecht redet, beteiligt sich am Geschäft derer, die bremsen, statt voranzugehen." Die Deutung der wenig konkreten Beschlüsse des Klimagipfels deutet auch US-Präsident Barack Obama als Fundament für weitere Aufbauarbeit. "Dieser Durchbruch legt den Grundstein für das internationale Handeln in den kommenden Jahren", sagte Obama nach seiner Rückkehr in Washington. Ähnlich äußerte sich die chinesische Staatsführung.

Die Regierungschefs vertrösten die enttäuschte Öffentlichkeit damit auf Mitte 2010. Dann soll in Bonn auf Ministerebene erneut über ein verbindliches UN-Abkommen verhandelt werden, das ursprünglich schon in Kopenhagen fertig werden sollte. Nun ist ein Abschluss bei der nächsten Weltklimakonferenz in Mexiko Ende 2010 geplant. Das Abkommen soll ab 2012 gelten, wenn das Kyoto-Protokoll ausläuft.

Auch Töpfer rügt das Ergebnis

Die Kritiker geben sich jedoch unversöhnlich. Umweltschützer, Kirchen und Globalisierungskritiker in Deutschland nannten das Ergebnis ein faktisches Scheitern und sprachen von Schande, Farce und Desaster. Die großen Verlierer seien das Klima und die Bevölkerung der ärmsten Länder der Erde, erklärten Organisationen wie Greenpeace und BUND. Es handele sich um eine Bankrotterklärung der Staats- und Regierungschefs.

Nach der harschen Kritik der Umweltverbände meldete sich am Sonntag auch ehemalige Chef des UN-Umweltprogramms Unep, Klaus Töpfer (CDU), zu Wort. Töpfer bezeichnte die Klimakonferenz in Kopenhagen in aller Deutlichkeit als Misserfolg und äußerte Zweifel am Sinn von weiteren Mammutkonferenzen.

Kritik auch an EU

Töpfer äußerte sich extrem skeptisch, dass weitere Gipfel im Kopenhagen-Stil zum Erfolg führen können. Er glaube nicht, dass Kopenhagen ein "heilsamer Schock" gewesen sei, der die Weltgemeinschaft aufrüttele. "Wir können nicht mehr Jahre verhandeln, wir müssen sofort handeln", sagte der frühere Bundesumweltminister am Sonntag der Onlineausgabe der "Frankfurter Rundschau".

Er forderte die Teilnehmerländer auf, nicht auf weitere Gipfel zu warten und ihre jeweiligen CO2-Reduktionsziele sofort in konkrete Handlungspläne umzusetzen. Töpfer erinnerte daran, dass der globale CO2-Ausstoß bereits ab 2015 um fünf Prozent jährlich sinken müsse, um keine gefährliche Störung des Klimasystems zu provozieren.

Der Ex-Unep-Chef kritisierte die Europäische Union. Sie habe in Kopenhagen keine Führerschaft übernommen. "Dadurch hat der Konflikt zwischen den USA und China den Gipfel geprägt." Töpfer hatte vor Kopenhagen gefordert, die EU soll ein positives Signal geben, in dem sie ihr CO2-Ziel für 2020 ohne Vorbedingungen auf 30 Prozent Minderung festsetzt. Das geschah nicht.

(DDP/AP)
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