Düsseldorf Körper freut sich auf den Frühling

Düsseldorf · Der Frühling kommt. Die Tage werden wieder länger und wärmer. Und obwohl der Mensch, im Unterschied zu vielen Tieren, keine Paarungszeiten kennt, besteht kein Zweifel: Der Frühling ist eine Zeit des erotischen Erwachens. Was sicherlich damit zu tun hat, dass sich Tier- und Pflanzenwelt in dieser Zeit eifrig um Fortpflanzung bemüht und dementsprechend als Vorbild vorangeht.

Doch es gibt auch konkrete physiologische Hintergründe. So sorgt das Licht der längeren Tage dafür, dass in der Zirbeldrüse weniger Melatonin gebildet wird. Melatonin gilt als Schlüsselhormon für den Schlafzyklus: Es induziert Gähnen und Müdigkeit. Die Frühlingsgefühle entstehen also weniger durch euphorisierende Hormone, als dadurch, dass ein hormoneller Müdemacher ausgebremst wird.

Wobei man, wie Martin Reincke von der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie betont, diesen Effekt nicht überschätzen sollte: "Echte Frühlingsgefühle kann man allenfalls noch bei Eskimos ausmachen." In unserer industrialisierten Welt mit viel Kunstlicht reagiere der Hormonhaushalt nur noch wenig auf den Wechsel der Jahreszeiten.

Dafür hinterlässt der Frühling in anderer Richtung sehr wohl seine Spuren. Laut einer Umfrage der Hildesheimer Wickert-Institute leiden 54 Prozent der Männer und 60 Prozent der Frauen unter Frühjahrsmüdigkeit.

Der Wechsel der Jahreszeit geht uns im wahrsten Sinne auf die Nerven. Die Schweizer Chronobiologen Verena Lacoste und Anna Wirz-Justice ermittelten, dass im Frühjahr die Zahl der Morgenmuffel zwar um die Hälfte zurückgeht, doch dafür auch Nervosität und psychosomatische Beschwerden deutlich zunehmen, was für einen hohen Erregungszustand des vegetativen Nervensystems spricht.

Neben den Nerven spielt die Schilddrüse eine Rolle. Diese arbeitet nach dem Winter weniger als sonst. Zum Ausgleich wird der Aufbaustoffwechsel angeregt: Kinder erleben zwischen März und Juni einen Wachstumssprung, während Erwachsene ihrer Waage dabei zusehen müssen, wie der Zeiger erbarmungslos nach rechts driftet. Das Zurückfahren des "normalen" Stoffwechsels ist eben keine günstige Voraussetzung im Kampf gegen den Speck, den man im bewegungsarmen Winter zugelegt hat.

Im April machen dann die Wetterkapriolen müde, weil sich die Blutgefäße der Haut dem Wetter folgend in ständigem Wechsel weit und eng stellen müssen, was das vegetative Nervensystem belastet. Ganz zu schweigen davon, dass der vorausgegangene Winter an den körperlichen Reserven gezehrt hat, weil man häufiger mit Infekten kämpfen musste und weniger Bewegung hatte als sonst.

Hilfreich sind jetzt Freiluft- und Ausdauersportarten wie Joggen oder Radfahren. "Der Körper sollte dabei richtig gefordert werden, um sein Anpassungsvermögen zu steigern", erklärt Psychiater Tom Bschor von der Schlosspark-Klinik in Berlin. Regelmäßige Saunagänge von mindestens einem Mal pro Woche bereiten das Gefäßsystem auf die Wetterkapriolen vor, wobei auch 60 Grad Celsius als Trainingsreiz schon ausreichen. Auch eine morgendliche Dusche wechselnd mit kaltem und warmem Wasser stärkt den Körpern – am besten den Wasserstrahl über Arme und Beine hin zum Herzen bewegen.

(RP)
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