Bochum Komm zur Ruhr

Bochum · Die Industrie und ihre Kathedralen: An verschiedenen Orten zeigt ab dem 18. August die Ruhrtriennale ihr vielfältiges Programm.

Die Ruhrtriennale bringt bis zum 30. September wieder Musiktheater, Schauspiel, Konzerte, Tanz und Diskussionen in die Industriedenkmale des Ruhrgebiets. 135 Veranstaltungen mit mehr als 700 Künstlern an 14 Spielstätten stehen auf der Agenda der letzten Saison des Intendanten Johan Simons. Wir geben Tipps.

"Pelléas et Mélisande" Nach der Festspielrede von Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller eröffnet die Ruhrtriennale in der Jahrhunderthalle Bochum mit Debussys Oper "Pelléas et Mélisande", die der polnische Regisseur Krzysztof Warlikowski inszeniert. Der französische Dirigent Sylvain Cambreling dirigiert die Bochumer Symphoniker, zentral platziert in einem Bühnenbild von Malgorzata Szecniak. Johan Simons sagt dazu: "Wir eröffnen mit einem Stück, das am Anfang der Moderne steht, als alles unsicher wurde. Es hat zu tun mit meiner aktuellen Empfindung: Ich lebe in dieser Welt, aber ich verstehe sie nicht immer."

"Cosmopolis" Zum Abschied nach drei Jahren Leitung des Kulturfestivals inszeniert Simons Don DeLillos Roman "Cosmopolis". Der Regisseur sagt darüber: "Es geht um Neoliberalismus, um den Gedanken: Ich bin der Stärkste. Ich denke dabei an Ikarus, der zur Sonne fliegt. Das ist der Wahnsinn der Welt, die wir jetzt haben, dass ein Tag, ein Tweet, ein Kurssturz alles verändern kann. Da ist jemand, der am Morgen der reichste Mann ist, den man sich vorstellen kann; aber am Ende des Tages ist er wegen Spekulation völlig pleite - und tot. Die Geschichte spielt in der Welt von Cyber- und Hyperkapitalismus, die wir Normalsterblichen uns kaum vorstellen können - und das ist etwas, was mich sehr beunruhigt." In der Jahrhunderthalle Bochum wird es ab dem 22. September als Musiktheater mit Schauspielern und dem Ensemble des Saxofonisten und Komponisten Eric Sleichim aufgeführt.

"Kein Licht" Es ist immer spannend, wie Regisseure sich an den Textmassiven von Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek bedienen. Unter Nicolas Stemann, Hausregisseur an den Münchner Kammerspielen, wird ihr Text "Kein Licht", der sich mit der Gefährdung der Welt durch die Nutzung von Atomkraft beschäftigt und eine Geisterwelt nach dem Super-Gau schafft, zum Libretto einer musikalischen Welt-Uraufführung. Zwei Darsteller, unter anderem die aus dem Fernsehen bekannte Caroline Peters ("Mord mit Aussicht"), teilen sich die Bühne mit Musikern. Die Musik wird zu einem unkontrollierbaren Element. Komponist Philippe Manoury erarbeitet mit Stemann eine neue Form, in der vorkomponierte orchestrale und elektronische Partitur-Module kombiniert werden mit Live-Elektronik, die in die Modulation der Sängerinnen und Sänger, der Schauspielerin und des Schauspielers eingreift - in Echtzeit. Zu sehen ab 25. August in der Gebläsehalle des Landschaftsparks Duisburg.

"Kleine Seelen" Großes Schauspielertheater und atmosphärische Bilder schuf Regisseur Ivo van Hove in den ersten Teilen seiner Trilogie aus Adaptionen von Romanen des niederländischen Schriftstellers Louis Couperus. Deshalb darf man gespannt sein auf das die Reihe beschließende "Kleine Seelen". Es beruht auf "Die Bücher der kleinen Seelen", die Couperus zwischen 1901 und 1903 in der unruhigen Jahrhundertwendezeit schrieb. Es handelt von einer bürgerlichen Familie, die die Umstände zu einem Umzug an den Stadtrand zwingen und den Mut herausfordern, offenherzig über ihre Desillusionierung, über ihre Sehnsüchte und Erwartungen zu sprechen. Zu sehen ab 24. September in der Maschinenhalle der Zeche Zweckel in Gladbeck.

"Trilogie meiner Familie" Luk Percevals Theater-Dreiteiler nach Émile Zolas Romanzyklus "Die Rougon-Macquart" steht für den Spielzeiten übergreifenden künstlerischen Ansatz des Intendanten Johan Simons. Dieses Jahr bringt Perceval das Projekt mit der Inszenierung "Hunger" zu Ende. Am 15. und 17. September können die Zuschauer alle Teile in einem elfstündigen Marathon aus Schauspieler-Theater in der Gebläsehalle des Landschaftsparks Duisburg-Nord erleben.

Musik Nicht entgehen lassen sollte man sich die Aufführung von Bachs Cellosuiten ab dem 26. August in der Zeche Zweckel in Gladbeck, zu denen Anne Teresa De Keersmaekers Tanz-Choreografien entworfen hat. Und für Liebhaber populärer Stile sind das elektronische Festival namens Ritournelle am 19. August an der Jahrhunderthalle Bochum und das Konzert von Lambchop und Timber Timbre am 23. August ein Muss.

(RP)
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