Düsseldorf Konvertiten, die vom Islam zum Christentum übertreten, leben in Angst

Düsseldorf · Aus der Glaubensfreiheit sind historisch die meisten anderen Freiheitsrechte entstanden. Sie steht also am Anfang der Herausbildung der unveräußerlichen Menschenrechte. Die Glaubensfreiheit schließt elementar auch das Recht ein, die Religion oder die Konfession zu wechseln. Ein solcher Wechsel wurde zumindest in der Vergangenheit von allen Religionen mit Argwohn betrachtet. Konvertiten, wie die Wechsler heißen, gelten auch als besonders eifrige Gläubige.

Im Islam wird der Wechsel in eine andere Religion nach der Lehre der Scharia, nicht des Korans, noch bis heute mit dem Tod bedroht, wenn dem Aufruf zur Rückkehr in die ursprüngliche Religion nicht gefolgt wird. Während also heute der Wechsel zwischen den Konfessionen oder vom Christentum oder Judentum in andere Religionen im wesentlichen unproblematisch ist, leben Konvertiten, die früher Muslime waren, in vielen Teilen der Welt äußerst gefährlich. In Deutschland, das sich viel auf seine Glaubensfreiheit zugutehält, sollten sich auch solche Konvertiten völlig sicher fühlen. Das ist aber offensichtlich nicht gewährleistet, wie die Fälle etlicher Muslime beweisen, die zum Christentum übergetreten sind.

Für unsere Serie "Glaube und Gewalt" wollten wir solche zum Christentum konvertierte Muslime befragen. Doch nach den Terroranschlägen von Paris war niemand, den wir fragten, bereit, seinen Fall zu schildern. Manche hatten bereits in ihrer ursprünglichen islamischen Heimat Drangsalierungen hinnehmen müssen, weil sie sich zum Christentum hingezogen fühlten und über einen Religionswechsel nachdachten. Obwohl sie deshalb auswanderten, wollten sie auch als Neu-Christen in Deutschland nicht reden, weil sie Repressalien durch ihre früheren Glaubensgenossen ernsthaft fürchten. Grundsätzlich werden Angehörige der Buchreligionen (Christentum und Judentum) in der islamischen Welt normalerweise geduldet und sind sogar Schutzbefohlene der jeweiligen Regierung. Das gilt aber nur für solche, die schon immer der anderen Religion angehörten. Für Konvertiten kennen streng islamische Regime keine Gnade, sie müssen sogar mit der Todesstrafe in diesen Ländern rechnen. In fast allen streng islamischen Ländern sind strafrechtliche Folgen bei einem Religionswechsel zu befürchten.

Die meisten muslimischen Verbände und Organisationen, vom Zentralrat der Muslime bis zur Islamkonferenz und Vereinigungen wie der deutsch-türkischen Ditib, lehnen Strafen beim Übertritt eines Moslems oder einer Muslimin zum Christentum ab. Sie bedauern zwar den "Abfall eines Gläubigen", wie sie es nennen, zutiefst, verstehen sich jedoch gleichzeitig als Verfechter der Glaubensfreiheit.

Die Furcht der Konvertiten bezieht sich deshalb vor allem auf radikale Gruppen, die allerdings auch in Ländern wie Deutschland oder Frankreich Angst verbreiten können.

(RP)
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