Bochum Künstler-Porträts von Anton Corbijn

Bochum · 40 Fotos berühmter Künstler sind jetzt im Kunstmuseum Bochum zu sehen.

Bildende Künstler sind häufig scheue Menschen, die im Verborgenen ihrer Ateliers arbeiten, Suchende, bei denen Leben und Werk untrennbar ineinander fließen. Fotograf Anton Corbijn, der vor allem durch seine Bandporträts und Musikvideos von U2, Depeche Mode oder Joy Division berühmt wurde, präsentiert nun bis 28. Juli rund 40 Aufnahmen im Kunstmuseum Bochum. Dabei rückt er Bildende Künstler in den Fokus, aber auch andere Menschen, deren Werk er schätzt.

Anselm Kiefer wirkt etwas verloren in der Ruinenlandschaft im französischen Barjac auf einer Treppe, die ins Nirgendwo führt. Ansonsten hat Corbijn die Künstler lieber in ihren Ateliers abgelichtet, um etwas von der Arbeitsatmosphäre einzufangen. Imi Knoebel steht vor einer mit Farbspritzern beklecksten Wand, Peter Doig in sich versunken vor einem unfertigen Akt, Luc Tuymans sitzt in einem Sessel und guckt skeptisch in die Kamera. Jeff Koons posiert vor einer halbmondförmigen Skulptur, die ihn aussehen lässt, als trage er eine Harlekinsmütze. Den als scheu geltenden Gerhard Richter zeigt der niederländische Fotograf nur von hinten, scheinbar versunken in eines seiner monochromen Werke.

Lucian Freud durfte er 2008 – zwei Jahre vor dessen Tod – noch in seinem Atelier besuchen. Er wolle mit dieser Arbeit vor allem eins: die Person hinter dem eigenen Werk entdecken, sagt Corbijn.

Manche Aufnahmen sind inszeniert, wie beispielsweise das Porträt von Damien Hirst, den er wie einen Totenschädel geschminkt zeigt – natürlich als Anspielung auf dessen berühmtestes Werk: den diamantbesetzten Schädel. Bei anderen lässt sich Corbijn von der Situation inspirieren. "Ich möchte gerne offen sein für Dinge, die spontan passieren", sagt der Fotograf.

Für das Porträt des chinesischen Künstlers Ai Weiwei mit nacktem Oberkörper ist Anton Corbijn extra ins Land der aufgehenden Sonne geflogen. 20 Minuten hatte er Zeit mit dem Konzeptkünstler und Regimekritiker. Was dabei herausgekommen ist, konnte er erst später begutachten. Denn Anton Corbijn fotografiert immer noch analog: "Das ist ein Risiko. Für mich liegt darin aber auch die Spannung. Das Unperfekte ist ein wichtiger Teil meiner Arbeit."

Der Fotograf Corbijn, der längst selbst zu einem Star geworden ist, bekommt sie alle vor seine Linse: Mick Jagger als Frau verkleidet, Al Gore mit einem Stock auf der Nase balancierend, Nelson Mandela mit ausgebreiteten Armen, Paul McCartney mit befremdlichem Schnäuzer, Iggy Pop nackt krabbelnd an einem Flüsschen. In seinem grobkörnigen, kontrastreichen Schwarz-Weiß-Aufnahmen kommt Corbijn den Menschen nah, zeigt ihre Verletzlichkeit, ohne ihnen ihr Geheimnis zu nehmen.

Zurzeit arbeitet der Niederländer an seinem dritten Spielfilm. Nach "Control" aus dem Jahr 2007 und "The American" von 2010 hat er nun "A most wanted Man" abgedreht nach einem Roman von John Le Carré. Nach den anstrengenden Monaten am Set ist Anton Corbijn immer froh, wenn er sich mit seinem Hasselblad-Kamera wieder ganz in Ruhe einem Motiv widmen kann. "Das ist dann fast eine Zen-hafte Erfahrung", sagt er.

(RP)
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