Duisburg. Leibniz-Preis für Hochleistungs-Batterien

Duisburg. · Der Wissenschaftler Christof Schulz erforscht auch Motoren und hofft, dass diese 30 Prozent weniger Sprit brauchen.

Christof Schulz erfüllt nicht das Klischee eines Chemikers. Denn seine Welt besteht nicht aus angeschmorten Kitteln, rauchenden Glaskolben oder stinkenden Lösungsmitteln. Dabei liegt diese Vorstellung nahe, wenn man sich den Direktor eines Instituts für Verbrennungsforschung vorstellt. Der Professor an der Uni Duisburg-Essen lässt sich treffender als hartnäckiger Detektiv beschreiben: ein Naturwissenschaftler, der nach Aufklärung und Erklärung sucht, der über Prozesstechnik so sicher sprechen kann, wie man es sonst nur von Ingenieuren gewohnt ist.

Der 46-Jährige bekommt morgen den Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Die Auszeichnung gilt als deutscher Nobelpreis und ist mit 2,5 Millionen Euro dotiert. Schulz teilt sich das Preisgeld mit Andreas Dreizler von der TU Darmstadt. Die beiden zählen zu den weltweit führenden experimentell orientierten Verbrennungsforschern, heißt es in der Begründung der DFG. Christof Schulz versucht die Verbrennung zu ordnen und ihren Ablauf zu verbessern, damit sie effektiv verläuft.

Das klingt selbstverständlich, ist es aber nicht. Selbst der beliebteste Verbrennungsprozess der Deutschen gibt der Wissenschaft noch Rätsel auf. "Auch 140 Jahre nach der Erfindung des Otto-Motors kennen wir nicht jedes Detail bei der Verbrennung des Benzin-Gasgemisches im Kolben", erklärt Schulz. Er hat eine spezielle Lasertechnik und hochempfindliche Kameras und Endoskope entwickelt, die die Explosion im Kolben beobachten und Daten über das Strömungsverhalten des Gasgemisches, die Temperatur und die Ausbreitung der Flamme nach der Zündung sammeln.

So wird der Automotor gläsern – und birgt Überraschungen. "Keine zwei Verbrennungen im Motor sind gleich", beschreibt der Chemiker seine Beobachtungen. Christof Schulz konnte erstmals mit hoher Genauigkeit die Entstehung von Stickoxiden verfolgen und untersuchte die Rußbildung. "Nur mit dieser Detailkenntnis wird sich die Leistung der Motoren in der Zukunft noch steigern lassen", so Schulz. Wenn er das sagt, schwingt die Hoffnung mit, dass auch ein selbstzündender Benzinmotor ohne Einsatz von Zündkerzen möglich ist. Diese Technik könnte bis zu 30 Prozent Kraftstoff einsparen.

Motoren sind seine Leidenschaft, trotzdem verzichtete Christof Schulz auf einen Wechsel in die Automobilindustrie, der leicht gewesen wäre. Er forschte in Heidelberg, arbeitete drei Jahre an der US-Elite-Uni Stanford, bevor ihn 2004 eine Professur an der Universität Duisburg-Essen lockte. "Die Bedingungen in den USA sind auch nicht immer optimal. Dort ist es viel schwerer, eine so große Gruppe aufzubauen, wie ich sie jetzt in Duisburg habe", erklärt Schulz.

Als wissenschaftlicher Direktor ist er mittlerweile für 45 Forscher aus mehreren Fachbereichen zuständig, die zu einem Netzwerk von 350 Wissenschaftlern gehören. 43 Millionen Euro kostete das neue Forschungsgebäude nahe dem Duisburger Zoo, das vor gut einem Jahr fertig wurde. Neben der gläsernen Eingangstür steht "Nano-Energie-Technik-Zentrum" (NETZ). Das klingt weder nach Verbrennung noch nach Automotor. Im NETZ werden immer noch Zündverzugszeiten gemessen, neue Kraftstoffe getestet und Verbrennungen am Computer simuliert.

Aber Christof Schulz ist nicht stehengeblieben, wer ihn trifft, spürt auch nach 20 Jahren Wissenschaft eine nicht nachlassende Neugierde. Seine Verfahren haben längst andere Anwendungen gefunden. "Ich lasse mich gern begeistern, wenn jemand gute Vorschläge macht", sagt der Chemiker, der aus vielen Projekten auswählen kann. Diese Freiheit gibt ihm nur die Forschung und die Kooperation mit anderen Instituten und der Industrie. Der Verbrennungstechniker ist zum Produzenten von Nano-Materialien mutiert, die er mit Hilfe einer Methode herstellt, die mit Gasen bei hohen Temperaturen ähnlich wie eine Verbrennung verläuft: Seine Anlage liefert bereits ein Kilo sehr feines Silizium, das hohe Anforderungen erfüllt. Es soll Graphit als Elektrodenmaterial in Lithium-Ionen-Batterien ersetzen. "Mit diesem nanoskaligen Silizium können Batterien erheblich mehr Lithium aufnehmen", erklärt Schulz, "das ist gleichbedeutend mit einer deutlichen Verbesserung der Laufzeit der Batterie."

Viele andere Forscher haben sich an diesem Ansatz versucht, aber sie scheiterten, weil das Silizium nur dann seine Aufgabe erfüllt, wenn es als Nano-Material eine bestimmte Struktur besitzt. Wer diese Anordnung herstellen will, muss die Reaktion im Plasmareaktor steuern können, nachdem er ihren Ablauf verstanden hat. Christof Schulz: "Das so etwas funktioniert, ist für mich immer eine besondere Motivation."

(RP)
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