Live-Übertragungen Festspiele für jedermann

Von wegen unerreichbar: Die Festspiele in Bayreuth und Salzburg kommen per Kino und Fernsehen längst zu uns nach Hause.

Man hört es noch laut in den Ohren: Wir kriegen ja keine Karten! Seit Jahren bemühen wir uns schon, nie klappt es! Das sind doch alles exklusive Abende, die uns Normalsterblichen vorenthalten bleiben!

Das sind alles Gerüchte von gestern. In Wirklichkeit sind Tickets für die Festspiele in Bayreuth oder Salzburg immer zu bekommen, man darf nicht verzagen. Die Sieben-Jahre-Wartezeit in Bayreuth gilt schon seit einiger Zeit nicht mehr.

Das hat auch damit zu tun, dass die Festspiele sich zunehmend der Öffentlichkeit geöffnet haben. Bei den Salzburger Festspielen gibt es seit vielen Jahren schon Übertragungen auf Großleinwänden in der Innenstadt, der ORF sendet Fernsehübertragungen auf 3sat, teilweise auch live. Gestern Abend wurde beispielsweise auf diesem Kultursender das Mozart-"Requiem" mit dem weltweit bewunderten Ensemble MusikAeterna unter Leitung des Dirigenten Teodor Currentzis gesendet, einem Griechen, der die persönliche Wertschätzung des russischen Staatschefs Wladimir Putin genießt. Currentzis wird demnächst Chef beim SWR-Symphonieorchester in Stuttgart.

Was ist sonst noch zu erwarten aus Salzburg? Die diesjährigen Festspiele stehen zu Beginn musikalisch ganz im Zeichen des Komponisten Claudio Monteverdi, dessen drei Opern "L'Orfeo", "Il ritorno d'Ulisse in patria" und "L'incoronazione di Poppea" von dem englischen Dirigenten John Eliot Monteverdi mit Solisten und seinem Monteverdi Choir dargeboten werden. Dem Vernehmen nach ist eine halbszenische Aufführung in der Felsenreitschule geplant. Langjährige Salzburg-Fahrer erinnern sich voller Wonne an die Aufführung des "Ulisse" in der Fassung von Hans Werner Henze, die im Jahre 1985 uraufgeführt wurde. Dies war mein allererstes Salzburg-Erlebnis überhaupt. Seitdem war Monteverdi in der Mozartstadt Mangelware - im Jahr des 450. Geburtstags soll sich das ändern.

Und dann ist auch Peter Sellars wieder da, der Regie-Pfiffikus, von dem alle Welt eine spannende neue Sicht auf Mozarts Opera seria "La clemenza di Tito" erwartet, die am 27. Juli Premiere hat. Vermutlich wird Sellars wieder mit Videoprojektionen arbeiten; am Pult wird abermals Teodor Currentzis stehen. Hiervon zeigt 3sat am 19. September eine Fernsehversion.

Gleich zwei Mal kommen die Opernfans hierzulande in den Genuss der neuen Salzburger "Aida", deren Titelpartie Anna Netrebko singt. Arte überträgt sie am 12. August live, das ZDF bringt die Produktion dann noch einmal am 25. August.

Im Schauspiel ist das an volkstümlichen Erbauungen interessierte Publikum natürlich besonders gespannt auf den flammneuen "Jedermann", der am Samstag Premiere hatte und mit Tobias Moretti in der Hauptrolle, Stefanie Reinsperger als Buhlschaft und Peter Lohmeyer als Tod prominent besetzt ist. Diese neue Inszenierung von Michael Sturminger wird mit der Ausstattung von Renate Martin und Andreas Donhauser gezeigt; wie immer findet sie auf dem Domplatz statt, bei schlechtem Wetter im Großen Festspielhaus.

Von den weiteren Arbeiten im Theater ist die Neuinszenierung von Pinters selten gespieltem Stück "Die Geburtstagsfeier" erwähnenswert - mit Pierre Siegenthaler, Nina Petri, Max Simonischek, Roland Koch, Oliver Stokowski, Andrea Wenzl in Andrea Breths Regie.

Der Blick nach Bayreuth rückt natürlich die neuen "Meistersinger" in den Fokus, die von Barrie Kosky inszeniert und von Philippe Jordan dirigiert werden. Ihnen steht eine gereifte Sängerbesetzung zur Verfügung: Michael Volle singt den Hans Sachs, Günter Groissböck den Veit Pogner, Johannes Martin Kränzle den Sixtus Beckmesser , Daniel Schmutzhand den Fritz Kothner, Daniel Behle den David, Klaus Florian Vogt den Walther von Stolzing, Anne Schwanewilms die Eva und Wiebke Lehmkuhl die Magdalene.

Die Premiere am 25. Juli wird traditionell auf den dritten Hörfunkprogrammen ab 16 Uhr übertragen.

(w.g.)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort