London Londoner Tate Modern präsentiert Roy Lichtenstein

London · Die glühenden Augen des Mannes im weißen Helm fixieren ein entferntes Ziel. Die Sprechblasengedanken des Piloten verraten eine freudige Anspannung, die noch vom Geknatter der Maschinenkanone graphisch angeheizt wird: "Bratatat!" Auf der Leinwand nebenan versinkt eine attraktive Brünette mit gebrochenem Herz in den Fluten, aber nicht ohne uns in der Comic-Sprache mitgeteilt zu haben: "Ich gehe lieber unter, als Brad um Hilfe zu rufen".

Für drei Monate hat sich die Londoner Tate Modern in einen Magneten für Pop-Art-Freunde verwandelt. Die Galerie an der Themse feiert einen berühmten Maler, der die Massenkultur als ein oberflächliches und entseeltes Universum voller winziger bunter Punkte gesehen hat: Roy Lichtenstein. Er war einer der einflussreichsten und am meisten kopierten Künstler des 20. Jahrhunderts. Doch die Welt kennt Lichtenstein vor allem für seine scheinbar trivialen, melodramatischen Comic-Bilder: Blondinen in Liebeskummer und die Luftkämpfe mit explodierenden Flugzeugen ("Whaam!").

Die Londoner Mega-Schau setzt sich zum Ziel, die Lücken zu füllen und den Amerikaner als einen vielseitigen und komplexen Visionär vorzustellen, der gemeinsam mit anderen Größen wie Andy Warhol die Grundlagen der modernen Kunst gelegt und die kreative Sprache der Werbewirtschaft geprägt hat. Die erste Retrospektive des Künstlers seit dessen Tod ist mit 125 Bildern auch die umfangreichste. Nicht nur die Comics, alle Werke in der Ausstellung sind als "Lichtensteins" leicht indentifizierbar. Auf dem Rundgang durch die Hallen werden die Besucher dazu eingeladen, selbst herauszufinden, wie das Pop-Art-Genie dies erreicht hat.

Der 1923 geborene New Yorker hatte eine solide Kunstausbildung erhalten, jedoch erst zu Beginn der 60er Jahre seinen Weg in der Malerei gefunden. In der Tate Modern kann man die wenig erfolgreichen expressionistischen Experimente des jungen Lichtenstein sehen, der an der "absurden Romantik" der abstrakten Pinselstriche Gefallen fand. Er feierte seinen Durchbruch mit einem Bild, das Micky Maus und Donald Duck beim Angeln zeigt ("Look Mickey", 1961).

Info Die Ausstellung "Lichtenstein: A Retrospective" ist bis 27. Mai täglich in der Londoner Tate-Modern-Galerie zu sehen; Tickets: 14 Pfund. Die Schau wird Ende Mai in Paris zu sehen sein.

(RP)
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