Studie zu Folgen des Atom-GAU Millionen Europäer krank durch Tschernobyl

Berlin (RPO). Der Super-GAU im Atomkraftwerk Tschernobyl ist 25 Jahre her - und hat für mehr als 600 Millionen Menschen in Europa bis heute gesundheitliche Folgen. Das ist das Ergebnis einer am Freitag veröffentlichten Studie der Gesellschaft für Strahlenschutz.

Nach den Analysen auf der Basis wissenschaftlicher Untersuchungen, an denen sich auch die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW beteiligte, leiden am meisten die Aufräumarbeiter unter den Folgen: Von den 830.000 sogenannten Liquidatoren erkrankten 90 Prozent wegen der hohen Strahlenbelastung.

Knapp 240.000 zusätzliche Krebsfälle bis 2056

Laut Tschernobyl-Ministerium der Ukraine waren 1996 nur noch 18 Prozent der Menschen gesund, die aus dem belasteten Bereich evakuiert worden waren. Der Anteil der gesunden Kinder, die nicht selbst vom Tschernobyl-Fallout betroffen waren, deren Eltern aber erhöhter Radioaktivität ausgesetzt waren, sank in der Ukraine bis 1996 von 81 Prozent (1987) auf 30.

Forscher gehen der Studie zufolge davon aus, dass es in ganz Europa durch Tschernobyl knapp 240.000 zusätzliche Krebsfälle bis 2056 geben wird.

Der Wissenschaftliche Ausschuss der Vereinten Nationen zur Untersuchung der Auswirkungen der atomaren Strahlung (UNSCEAR) erwartet weltweit zwischen 30.000 und 207.500 Kinder mit Genschäden als Folge des Atomunfalls.

Gesundheitliche Folge oft erst in den nächsten Generationen

Auch die Zahl der Totgeburten und Fehlbildungen stieg deutlich an. Nach 1986 wurden in Europa rund 800.000 Kinder weniger geboren, als eigentlich zu erwarten gewesen seien. Die Studie belege, dass die meisten gesundheitlichen Folgen eines radioaktiven Unfalls erst nach vielen Jahren, oftmals erst in den nächsten Generationen auftreten, hieß es.

Am 26. April 1986 geriet der Reaktorblock 4 des Atomkraftwerks in der Ukraine außer Kontrolle. Fachleute sehen die Ursache in einer Kombination von Bedien- und Konstruktionsfehlern während eines Sicherheitstests. Es kam zu Explosionen, wodurch der obere Teil des Reaktorgebäudes zerstört wurde.

Das freigesetzte radioaktive Material verstrahlte bis zu 150.000 Quadratkilometer Fläche in der Ukraine, Weißrussland und Russland.

(apd/pes-)
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