Düsseldorf Neue Gen-Kartoffeln für Pommes

Düsseldorf · Die neuartige Knolle soll beim Frittieren weniger Acrylamid als ihre herkömmliche Konkurrenz entwickeln. Pflanzen-Designer verwenden für ihre Veränderungen ausschließlich die DNA von wilden und kultivierten Kartoffelsorten.

Neue Gen-Kartoffeln für Pommes Frites
Foto: dpa

Der amerikanische Lebensmittelmarkt steht vor einer neuen Herausforderung. Eine gentechnisch veränderte Kartoffel drängt auf die Teller der Verbraucher. Die Knolle ist spezialisiert für den Einsatz in der Friteuse. Pommes frites aus der neuen Kartoffelsorte entwickeln weniger Acrylamid als ihre herkömmliche Konkurrenz. Acrylamid steht unter Verdacht, Krebs zu erzeugen. Der Hersteller des Gen-Produkts gehört zu den Kartoffel-Giganten der USA: die J. R. Simplot Company, die sich selbst als Erfinder der tiefgekühlten Pommes bezeichnet. Firmengründer John Richard Simplot wurde mit Kartoffeln zum Milliardär, auf seiner Kundenliste steht auch die Fast-Food-Kette McDonalds.

Simplots Produkt ist der zweite Versuch, die High-Tech-Kartoffeln auf dem US-Markt einzuführen. Der Saatgut-Riese Monsanto scheiterte an der Ablehnung der Verbraucher. Er hatte eine Kartoffel entwickelt, die ein Gift gegen den wichtigsten Schädling auf dem Acker bildete: den Kartoffelkäfer. 1995 brachte Monsanto das Produkt auf die Äcker, sechs Jahre später verschwand es stillschweigend. Vor allem weil die großen Handelsunternehmen und Fast-Food-Ketten den Widerstand der Verbraucher fürchteten. J. R. Simplot soll damals nicht unschuldig daran gewesen sein, schreibt die "New York Times". Als der Großhändler für Kartoffeln und Pommes frites bei seinen Kunden die Zurückhaltung spürte, habe er reagiert. Er empfahl den Bauern, bei denen er einkaufte, den Verzicht auf den Anbau. Am Ende war die Nachfrage für die Monsanto-Kartoffel zu gering.

Jetzt wagt das Kartoffelimperium nach 14 Jahren Entwicklungszeit den Test mit einer eigenen Gentechnik-Knolle. Die J. R. Simplot Company schildert ihre Kartoffel gern als ein Produkt einer neuen Generation. Während Monsanto Bestandteile von fremden Organismen, beispielsweise aus Bakterien, in das Kartoffel-Erbgut einschleuste, ging Simplot einen anderen Weg. Die Pflanzen-Designer verwendeten für ihre Veränderungen nur die DNA von wilden und kultivierten Kartoffelsorten. Der Handelsname des Produkts lautet "Innate Potato". Das bedeutet "eingeborene Kartoffel" und soll wohl die Naturnähe des Verfahrens dokumentieren.

Damit die Technik Erfolg zeigte, mussten die Gentechniker die Aktivität einiger Gene blockieren, deren Aufgabe gut bekannt ist. Sie unterdrückten die Herstellung einer Substanz, die für die grau-braune Färbung von Druckstellen während der Lagerung und des Transports verantwortlich ist. Außerdem bildet "Innate Potato" weniger von den Substanzen, aus denen in der Friteuse Acrylamid entsteht: bestimmte Zuckerarten und Asparagin. Nicht ohne Stolz stellt Simplot fest, dass vor allem der Verbraucher von den neuen Eigenschaften der Kartoffel profitiere. Bei Monsanto hätten nur die Landwirte Vorteile gehabt.

Das Fachportal "Transgen" hat noch einen anderen Profiteur für die neue Kartoffelsorte entdeckt: In den USA sind Hersteller und Anbieter von Lebensmitteln verpflichtet, die Konsumenten zu warnen, wenn in ihren Produkten der Acrylamid-Gehalt eine bestimmte Schwelle überschreitet. Weil sie das versäumt hatten, sind große Kartoffeln verarbeitende Ketten mehrfach zu hohen Geldstrafen verurteilt worden. McDonalds hat sich bisher noch nicht geäußert, ob die Fast-Food-Kette die neue Sorte verwenden will. Ab Frühjahr 2015 will Simplot in kleineren Märkten die Akzeptanz der "Innate Potato" testen. Zudem visiert das Kartoffel-Imperium Kanada, Mexiko und Japan als mögliche Absatzmärkte an.

Nach Europa soll die Gen-Kartoffel nicht verkauft werden. Zum einen gilt die Lizenz für den Anbau, die das Landwirtschaftsministerium am Freitag erteilte, zunächst nur für die USA. Zum anderen dürfte das Acrylamid-Argument in Deutschland nur wenig verkaufsfördernd wirken. Zwar empfiehlt das Bundesinstitut für Risikobewertung, die Menge dieser Substanz in Lebensmitteln so weit wie möglich zu reduzieren. Doch seit im Jahr 2002 Acrylamid in Kartoffelchips, Pommes frites, Röst- und Backkartoffeln, Brot und Backwaren nachgewiesen wurde, ist es still geworden um das Gesundheitsrisiko. Die Hersteller dieser Produkte haben ihre Produktionsprozesse verändert und die Messwerte gesenkt.

In den USA könnten die Chancen besser sein. Dort gibt es zwar auch Vorbehalte gegen Gentechnik. In einigen Bundesstaaten haben die Bürger eine Kennzeichnungspflicht für solche Produkte aber abgelehnt. Die meisten Amerikaner kommen häufig mit grüner Gentechnik in Kontakt: In den USA stammen 93 Prozent der Sojabohnen von gentechnisch veränderten Pflanzen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort