Diskussion flammt erneut auf Nofretete zurück nach Ägypten?

Berlin (RPO). Mit markigen Worten hat Zahi Hawass, Generalsekretär der ägyptischen Antikenverwaltung, von Deutschland die Rückgabe der weltbekannten Nofretete-Büste gefordert. In regelmäßigen Abständen gibt es entsprechende Forderungen, selten haben sie aber solche Vehemenz wie in diesem Fall.

Sah Nofretete so aus?
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Foto: Discovery Channel

"Bei uns ist noch kein Brief eingegangen”, hieß es in der für Nofretete zuständigen "Stiftung Preußischer Kulturbesitz" auf Nachfrage unserer Redaktion. Vor einigen Tagen hatte Hawass angekündigt, einen Brief an die Stiftung zu schicken, mit der Forderung, Nofretete zurück nach Ägypten zu schicken. Zunächst nur für drei Monate. Werde dieser Bitte nicht entsprochen, werde man offiziell die Rückgabe fordern.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Berlin die Büste an Ägypten ausleiht, ist dennoch verschwindend gering. Nicht nur Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) lehnt eine Ausleihe oder gar Rückgabe des Kunstschatzes kategorisch ab. Ein Transport würde das fragile Stück extrem gefährden. Eine Ansicht, die Experten teilen. Auch wenn die Büste in Berlin schon an mehreren Stellen präsentiert wurde, ist das nicht mit einer Reise nach Ägypten zu vergleichen.

Neben den konservatorischen Bedenken schwingt wohl vor allen Dingen Angst mit. Hawass ist für seine rigide Politik bekannt. Die Befürchtung: Ist Nofretete erstmal auf ägyptischen Boden kommt sie nicht mehr nach Deutschland zurück.

Inzwischen hat auch der Kulturausschuss des Bundestages seine Bedenken gegen eine Reise der Statue geäußert. Der Ausschussvorsitzende Hans-Joachim Otto (FDP) sagte am Donnerstag, das Gremium unterstütze die Haltung Neumanns. An der Rechtsmäßigkeit des Erwerbs habe der Ausschuss keine Zweifel, so Otto weiter.

Ein Deutscher fand die Büste 1912

Der deutsche Ägyptologe Wolfgang Borchert blickte 1912 bei Grabungen erstmals in das Antlitz der Nofretete. Mit Genehmigung der ägyptischen Behörden brachte er "die Schöne” (Nofretete heißt übersetzt "die Schöne kommt”) nach Deutschland. Es besteht kaum ein Zweifel, dass die Büste damals rechtmäßig in deutschen Besitz gelangt ist. Einen Grund, die Büste offiziell zurückzufordern, hat Ägypten demzufolge nicht.

"Wir halten die Besitzverhältnisse für fragwürdig, aber eigentlich interessieren sie uns auch nicht”, erklärt Anja Kuhr vom Verein "CulturCooperation” mit Sitz in Hamburg. Die Mitglieder haben sich zum Ziel gemacht, die Diskussion um den Umgang mit Kulturschätzen aus der europäischen Kolonialzeit zu beleben. Mit ihrer Kampagne "Nofretete geht auf Reisen” haben sie die jüngste Auseinandersetzung erst richtig ins Rollen gebracht.

Ägypten scheint der gerade aufflammende Disput eher unangenehm. Man könne nicht sagen, ob Hawass den Brief mit der Bitte um Ausleihe tatsächlich abgeschickt habe, erklärt die ägyptische Botschaft auf Nachfrage von RP-Online, beim Botschafter sei er jedenfalls noch nicht angekommen. Offiziell könnte zudem nur der zuständige Minister die Rückgabe der Büste verlangen. Das Thema sei politisch wie kulturell sehr kompliziert, heißt es aus der Botschaft weiter.

Dort wäre man, so scheint es, froh, wenn die Diskussion schnell beendet wäre und sich alle Beteiligten in vornehmen Schweigen üben würden ­ so wie Nofretete, die auch nach 3500-jähriger Stille nichts von ihrer Anmut verloren hat.

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