Mönchengladbach Nur cool: Neil Young in Mönchengladbach

Mönchengladbach · Der 68-Jährige begeisterte auf seiner fortgesetzten "Alchemy Tour" 7000 Fans im Hockeypark.

Schwarze Shirts für jeden gleich beim Einlass, allerdings nach Geschlechtern getrennt: Auf den Shirts der Frauen ist "Protect" zu lesen, auf denen der Jungs nur "Earth". Wer im Konzert also die Botschaft von unserer schutzbedürftigen Erde mit sich herumtragen will, kann dies nur im Doppelpack tun. Auch Neil Young hat sich die Erde übergestreift. Dazu sein schwarzer Hut und um ihn herum die dienstbaren Geister, die die Gitarre anlegen, den Gurt einhaken.

Und dann geht's auf der Bühne des Mönchengladbacher Hockeyparks einfach los, wie bei einer Session vor kleinem Publikum, zu der die Jungs von Crazy Horse gekommen sind. Nur so, aus Spaß; aber doch ungeheuerlich mit dem jetzt auch schon 25 Jahre alten "Love and Only Love" und seinem Gitarren-Intro, das nie enden sollte. Der vielleicht letzte Hippie scheint jetzt der Erste zu sein. Und wenn er sich vom fetten Klang und dem brachialen Rhythmus von Crazy Horse - dieses "unbezähmbare Tier", wie Young seine Begleitband einmal nannte - ein bisschen schaukeln lässt, muss man bei aller Begeisterung auch daran denken: Wie cool der 68-Jährige noch immer ist.

Und wie cool auch das Programm seiner fortgesetzten "Alchemy Tour": Ein bisschen kreuz und quer geht es durchs Werk, und nicht immer sind es sonderlich populäre Stücke, die bis zum Untergang der Sonne die 7000 Fans zu hören bekommen. "Goin' Home", "Love to Burn" und all die anderen Lieder, die es nie in die Charts geschafft haben, weil sie einfach den langen Atem und die Geduld brauchen, bis der große Augenblick sich einstellt. Einfach spielen, bis die Muse kommt. Natürlich ist die Begeisterung riesig, alles andere wäre bei einem Gitarristen wie Young auch fast lachhaft. Doch schleicht sich in der Mitte des Konzerts ein bisschen zu viel Routine ein. Der wild reitende Indianer-Häuptling Crazy Horse, der als riesiges Emblem den Bühnenhintergrund schmückt, scheint für einige Minuten abgestiegen zu sein und sich in jene Standfigur gewandelt zu haben, die als Bühnenrequisit seit Urzeiten Neil Young begleitet. Doch mit der Hommage an Bob Dylan und dem so behutsam nachgespielten "Blowin' in the Wind" sowie der leicht ironischen Version von "Heart of Gold" kehren Geist und Leben zurück ins Hippie-Camp da oben. Und wenn sich Neil Young wieder seine geliebte Gitarre "Old Black" anlegen lässt, "Psychedelic Pills" rockt, mit "Cortez the Killer" Rockgeschichte schreibt und am Ende mit "Rockin' in the Free World" noch Lust auf Fete macht, versinkt der Abend in Ergriffenheit, Glück und Übermut. Beim Rausgehen gibt es wieder Shirts, diesmal grüne von der Tournee, mit Crazy Horse auf der Brust und für 15 Euro. Das Shirt noch auf dem Parkplatz überzustreifen, ist fast peinlich. Aber nicht an diesem Abend.

(RP)
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