Düsseldorf Rheinpegel auf Rekord-Tiefstand

Düsseldorf · Durch die seit fast einem Monat anhaltende Trockenheit sind die Pegelstände am Rhein auf einen historischen November-Tiefststand gefallen. Das Niedrigwasser kann zum Problem für die Schifffahrt werden. Der Pegel wird Experten zufolge weiter sinken.

Wer in diesen Tagen am Rheinufer entlangspaziert, sieht Steine und versandete Uferstreifen. Der sonnige September und der goldene Oktober haben dem Rhein zugesetzt. Das Wasser zieht sich immer mehr zurück, der Pegel sinkt Tag für Tag. Düsseldorf meldete gestern Mittag einen Pegelstand von 75 Zentimeter. In Köln lag der Pegel zur gleichen Zeit bei 1,10 Meter, in Bonn bei 1,18 Meter.

Da auch in den kommenden Tagen nach Vorhersagen des Deutschen Wetterdienstes nicht mit ergiebigen Regenfällen zu rechnen ist, erwarten Experten weiter sinkende Pegelstände. In den vergangenen vier Wochen sind in weiten Teilen des Landes nur etwa fünf bis zehn Liter Regen pro Quadratmeter gefallen. Üblich sind in dieser Jahreszeit etwa 40 bis 50 Liter pro Quadratmeter.

Das Niedrigwasser und seine Folgen:

Trinkwasser "Auf die Trinkwasserversorgung der Stadt hat der aktuelle Pegelstand keine Auswirkungen", sagt Michael Pützhofen von den Düsseldorfer Stadtwerken. "Wir brauchen zur Zeit 140 Millionen Liter Wasser pro Tag." Im Rhein fließe aber ein Vielfaches davon.

Schifffahrt Das Niedrigwasser hat Auswirkungen auf die Schifffahrt. Je nach Tiefgang des Schiffes muss die Ladung angepasst werden, eventuell muss mehrmals gefahren werden. Wichtig ist es, die Pegelstände über die gesamte Strecke im Blick zu haben, damit man auch über die flachste Stelle hinwegkommt. Grenzwerte für die Einstellung der Schifffahrt gibt es nicht. Die Entscheidung liegt im Ermessen der Schiffsführer. Sie müssen aber entsprechend reagieren, damit der Kahn nicht auf Grund läuft.

Trotz der derzeit an deutschen Flüssen vorherrschenden niedrigen Wasserstände ist nach Angaben des Bundesverbandes der Deutschen Binnenschifffahrt weiterhin Verlass auf die Schifffahrt. Bei zahlreichen Binnenschiffen komme es durch das Niedrigwasser derzeit zu "keinerlei Einschränkungen". Die Binnenschifffahrtsunternehmer könnten ihre Lieferverpflichtungen in aller Regel einhalten.

Fische Ivar Steinmann ist Fischereibiologe. Das aktuelle Niedrigwasser bereitet dem Bonner Wissenschaftler, der Untersuchungen über den Fischbestand im Rhein durchgeführt hat, Sorge. "Bei Niedrigwasser schrumpft die besiedelbare Fläche für die Fische, es gibt einfach weniger Raum unter Wasser." Schadstoffmengen, etwa aus Einleitungen, könnten schneller hohe und gegebenenfalls schädliche Konzentrationen im Wasser erreichen. Hinzu komme, dass Fische im Winter nur ein niedrigeres Nahrungsangebot hätten. "Das Niedrigwasser kann dazu beitragen, dass die Fische gezwungen sind, sich in der Strömung aufzuhalten und durch Energieverlust einen schlechteren Ernährungszustand bekommen." Das mache die Tiere dann wiederum anfälliger gegenüber Parasiten und Krankheitserregern. Dies könne grundsätzlich zu einem massiven Fischsterben führen.

Klimawandel Jürgen Kropp überrascht der derzeitige Tiefstand des Rheins nicht. "Dieses Ereignis ist typisch für die Großwetterlage", sagt der Potsdamer Wissenschaftler, der berechnet hat, inwieweit Nordrhein-Westfalen vom Klimawandel betroffen sein wird. Er führt die Extreme – auf der einen Seite extreme Hochwasser und auf der anderen niedrige Wasserstände – auf ein verändertes Abflussgeschehen zurück. "Durch die Erderwärmung fällt der Niederschlag im Winter in den Bergen vermehrt als Regen und immer seltener als Schnee", sagt der Klimaforscher. Stattdessen gelangt der Niederschlag auf direktem Weg in die Flüsse. "Das Wasser fließt nicht mehr kontinuierlich, sondern konzentriert im Winter ab, was zu Hochwasser führen kann." Im Sommer und Herbst gebe es dafür weniger Abfluss. Konsequenz seien niedrige Pegelstände wie derzeit am Rhein.

Auf die Frage, ob das Niedrigwasser als Folge des Klimawandels zu sehen sei, antwortet Kropp: "Das derzeitige Niedrigwasser kann man als Einzelereignis nicht mit dem Klimawandel in Verbindung bringen."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort