Düsseldorf Selbstüberschätzer in einer Scheinwelt gefangen

Düsseldorf · Im Volksmund heißt es: Hochmut kommt vor dem Fall. US-Wissenschaftler liefern jetzt einen eindrucksvollen Beweis für die Wahrheit dieses Spruchs. Demnach überschätzen gerade selbst ernannte Experten ihr Wissen in einem Maße, dass es nur noch peinlich ist. Und sie verlieren sich sogar in einer Scheinwelt.

Das Forscherteam lud mehrere hundert Freiwillige in sein Institut an der Cornell University in Ithaca, wo man sie zunächst um eine Selbsteinschätzung ihrer Kenntnisse zu bestimmte Fachbereichen bat, wie etwa Finanzen, Geographie oder Biologie.

Danach wurden die Probanden mit jeweils 15 Begriffen konfrontiert, die vermeintlich etwas mit diesen Fachbereichen zu tun hatten. Die Probanden sollten auf einer Skala von 1 (nie gehört) bis 7 (kenne ich gut) angeben, wie gut sie die Begriffe kannten. Der Clou dabei: Drei Begriffe waren frei erfunden. Und dennoch brüsteten sich unter denjenigen, die sich selbst als Experten sahen, über 90 Prozent damit, mindestens eins der Phantasiewörter wirklich zu kennen.

So meinten die angeblichen Geographie-Experten beispielsweise über Orte bescheid zu wissen, die gar nicht existieren. Wie etwa den Othello-See in Wisconsin und das Kaschmir-Tal in Oregon. Und die mutmaßlichen Fachleute aus den Biowissenschaften hielten nicht nur Meta-Toxine für real, sondern auch den Begriff "biosexuell", obwohl Steine nicht lieben können und sexuell stets bio ist.

"Je mehr sich unsere Probanden auf ihr Wissen einbildeten, desto eher überschätzten sie ihre Kenntnisse - und sie konnten sogar ausführliche Erklärungen für die fiktionalen Begriffe liefern", berichtet Studienleiter David Dunning, der sich schon länger mit dem Phänomen der Selbstüberschätzung beschäftigt. Als Ursache für dieses Verhalten vermutet er, dass derjenige, der sich als Experte in einem bestimmten Bereich wähnt, dieses Bild partout nicht aufgeben will. "Er wird zu einem Gefangenen seiner Selbsteinschätzung", so der Psychologe.

Wobei in der Forschungsstudie unter den Experten von eigenen Gnaden nicht nur prahlerische Nicht-Wisser waren, die mehr hermachen wollten, als tatsächlich in ihnen steckte.

Einige wussten auch tatsächlich gut Bescheid. Trotzdem hielten sie die fiktiven Begriffe für real. Und sie taten es sogar dann noch, wenn man sie vorher darauf aufmerksam gemacht hatte, dass in der Wörterreihe ein paar Fakes lauerten. Was dafür spricht, dass es ihnen nicht nur darum ging, ihren Expertenstatus zu untermauern. "Sie meinten es mit ihren falschen Einschätzungen offenbar auch völlig ernst", so Dunning. Selbst kluge Menschen verlieren sich eben mitunter in einer Scheinwelt.

(RP)
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