Steve Reich mit seinem "Double Sextet"

Klassik Starmusiker haben bisweilen das Problem, dass sie an ihren eigenen Schallplattenaufnahmen gemessen werden. Der großartige Pianist Alfred Brendel beispielsweise hat in seinem Leben drei Mal sämtliche 32 Klaviersonaten von Ludwig van Beethoven eingespielt, und nicht selten wurde er darauf angesprochen, dass er über die Jahre sein Interpretationskonzept verändert hat. Mal spielte er einen Satz langsamer, mal schneller, mal zackiger, manchmal erwärmter, manchmal elegischer, manchmal geradezu positivistisch.

Klassik Starmusiker haben bisweilen das Problem, dass sie an ihren eigenen Schallplattenaufnahmen gemessen werden. Der großartige Pianist Alfred Brendel beispielsweise hat in seinem Leben drei Mal sämtliche 32 Klaviersonaten von Ludwig van Beethoven eingespielt, und nicht selten wurde er darauf angesprochen, dass er über die Jahre sein Interpretationskonzept verändert hat. Mal spielte er einen Satz langsamer, mal schneller, mal zackiger, manchmal erwärmter, manchmal elegischer, manchmal geradezu positivistisch.

So ändern sich auch in der Musik die Zeiten und die Interpreten mit ihnen. Bei dem Komponisten Steve Reich (vor genau 70 Jahren in New York geboren) verhält sich die Sache anders: Bei ihm und seinen minimalistischen Kompositionen gibt es Tonspuren und Live-Elektronik, mit denen die Musiker konzertant ins Gefecht treten. Bei seinem neuen Werk "Double Sextet" aus dem Jahr 2007 ist das ebenso der Fall. Sechs Musiker müssen mit oder gegen eine vorher von ihnen selbst aufgenommene Fassung des Stücks spielen.

Darin liegt natürlich eine gewisse Gefahr, weil die Tonspur nie interpretatorische Schwächen aufweist - dort ist alles perfekt. Und während diese Tonspur abläuft, spielen die Musiker mit allen Facetten des Augenblicks - wie eine Art Double. Reich selbst gibt zu, dass auch zwölf Musiker das gleiche klangliche Ergebnis zustande bringen könnten. Aber die Verbindung von Live und identischer Konserve macht den Reiz aus. Auf der neuen CD des famosen US-amerikanischen Ensemble Signal unter Leitung von Brad Lubman gibt es zudem die noch aktuellere Komposition "Radio Rewrite" aus dem Jahr 2013, und das ist eine Verneigung vor der Band Radiohead, obwohl im Stück nicht viel Material der Band enthalten ist.

In Wirklichkeit steckt in "Radio Rewrite" vor allem früher Reich, den er in einer Art Remix durch die Zentrifuge seines Könnens jagt. Diese CD (bei harmonia mundi) ist ein Fest für Fans der Minimal Music. Die Zeiten des Ratterns von Patterns sind ja vorbei; hier hören wir hinreißende Konzerte instrumentaler Stimmen, die ihre Eigenart bewahren. Wolfram Goertz

(RP)
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