Streichquartette von Peter Tschaikowski

Klassik Übt er noch, oder komponiert er schon? Diese Frage stellt sich bei den Genies der Tonkunst nicht wirklich. Die großen Meister lassen oft schon in ihren ersten Gehversuchen erkennen, welches Zeug sie für Reiferes besitzen, wie die Gene bei ihnen verteilt sind, wie ihr Talent schon mächtig mit der Lampe leuchtet. Natürlich sind sie selbstkritisch, und nicht selten endeten Frühwerke in einem Kaminfeuer.

Klassik Übt er noch, oder komponiert er schon? Diese Frage stellt sich bei den Genies der Tonkunst nicht wirklich. Die großen Meister lassen oft schon in ihren ersten Gehversuchen erkennen, welches Zeug sie für Reiferes besitzen, wie die Gene bei ihnen verteilt sind, wie ihr Talent schon mächtig mit der Lampe leuchtet. Natürlich sind sie selbstkritisch, und nicht selten endeten Frühwerke in einem Kaminfeuer.

Andere Komponisten sind selbstbewusst und wissen bald, was sie können. So war es auch bei dem Russen Peter Tschaikowski. Von ihm kennt der Musikbetrieb das legendäre Klavierkonzert Nr. 1, die drei letzten Sinfonien, einige Klavierwerke und Lieder, die Opern "Eugen Onegin" und "Pique Dame" - aber wer wüsste zu berichten, dass Tschaikowski 1871 ein hinreißendes frühes Streichquartett komponiert hat? Er selbst begriff es als Übung zur Imagepflege; seit ein paar Jahren hatte er das Studium in Moskau hinter sich, musste den Nachweis seiner Eignung führen - und er musste bekannt werden.

Da traf es sich gut, dass Nikolai Rubinstein, der Bruder seines Lehrers Anton Rubinstein, ein Konzert nur mit Tschaikowski-Werken arrangierte - und es sollte auch ein Streichquartett dabei sein. In diesem Metier war der Komponist nicht unerfahren, er hatte bereits mehrere Werke für diese Gattung verfertigt, nun aber setzte er sich hin und schrieb ein viersätziges Opus im durchaus klassischen Stil. Die Altmeister Haydn, Beethoven und Haydn grüßen wie von Ferne, doch das Andante cantabile ist von ganz großartiger Individualität, zumal Tschaikowski hier ein ukrainisches Volkslied verwendet.

Dieser Einzelsatz erzielte später einen solchen Erfolg, dass sich der Komponist fast ein wenig darüber ärgerte. Nun hat das wunderbare Heath-Quartett aus England dieses kleine, aber ungemein gehaltvolle Meisterwerk mit großem Schwung, musikantischem Geist, Delikatesse und unerhörtem Feingefühl für das Label Harmonia mundi aufgenommen - und weil die Musiker auch das 3. Quartett Tschaikowskis dazugepackt haben, kann man bei dieser CD von einem umfassenden Bildungsmaßnahme sprechen.

Wolfram Goertz

(RP)
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