Mehr als nur Ketchup Tomaten und ihre Vielfalt

Düsseldorf · Sie haben viele Geschmäcker und viele Formen. Sie heißen "Schwarze Krim", "Idgie", "Ochsenherz" oder "Fuzzi Wuzzi" und sind rot, gelb, lila oder grün: Tomaten. Das unterschätzte Nachtschattengewächs ist vielfältiger, als man denken mag.

Tomaten sind vielfältiger als man denken mag. Sie längst nicht mehr nur "gefärbtes Wasser".

Tomaten sind vielfältiger als man denken mag. Sie längst nicht mehr nur "gefärbtes Wasser".

Foto: Shutterstock.com/ Francesco83

Die Tomate hat viel ertragen müssen: Sie wurde als "gefärbtes Wasser" diffamiert, zu Ketchup verarbeitet, und im Zuge des Gewächshaus-Anbaus ist ihr der Geschmack weggezüchtet worden. Doch nun kommt das Nachtschattengewächs wieder ins Rampenlicht - mit neuen Züchtungen und der Wiederentdeckung alter Sorten. Und jetzt ist die Zeit gekommen, dass die Tomaten die ganze Sonne des Sommers in Farbe und Geschmack verwandelt haben.

Babette und Markus Seim haben bei ihrer Firma Babkus in Herdecke 28 Sorten im Programm. Neben roten, gelben und orangenen Strauchtomaten gibt es zum Beispiel die kleine ovale asiatische "Rosalie" mit pinkfarbener Haut, die weder Salz noch Pfeffer braucht. "Sie bringt mit süß, sauer, bitter, salzig und fleischig alle fünf Geschmacksnoten zusammen", stellt Markus Seim fest. Der "Schwarze Muck" ist eine mittelgroße Rispentomate, deren Schale sich lila-grünlich färbt. Ihre Schale und Fleisch haben eine feste Konsistenz. Seim beschreibt sie als markant und empfiehlt sie für Salate oder zum Backen. Die Samen der Sorte "Schwarze Krim" hat ihm ein Freund von der Halbinsel mitgebracht. "Sie ist rund, sieht aus wie Schokolade und einen ganz eigenen Charakter." Und "Sweet Honey" schmecke tatsächlich - zumindest fast - so süß wie Honig.

Die Tomate kennt viele Formen, Farben und Geschmäcker. Benedicta von Branca - die "Tomatenfrau" von den Berliner Märkten - baut im brandenburgischen Bornow mehr als 150 verschiedene Sorten Tomaten an - darunter so wohlklingende und gewiss auch -schmeckende wie "Fuzzi Wuzzi", "Feuerwerk" und "Baselbieter Röteli". Österreichs "Paradeiser-Kaiser" Erich Stekovics hat seine Felder im Burgenland zu einer Arche gemacht und beherbergt dort tausende verschiedene Sorten oder deren Samen.

Auch die deutschen Tomaten-Liebhaber halten längst nach San-Marzano-Tomaten (die echten aus Kampanien allerdings meist nur in der Dose), nach Ochsenherzen, Kumatos und anderen kulinarischen Glücksbringern Ausschau. Die grünen Tomaten haben sich in Deutschland trotz des gleichnamigen Hollywood-Films noch nicht richtig durchgesetzt. Seim hat seine Sorte "Idgie" in diesem Jahr aus dem Programm genommen, will es aber 2016 wieder versuchen. "Die Briten zum Beispiel schätzen die grünen Tomaten sehr, bereiten aus ihr Chutneys oder Marmelade zu."

Am ehesten lassen sich die besonderen Sorten in Hofläden und auf Wochenmärkten finden. In die meisten Supermärkte schaffen es die Exoten nicht, weil sie oft eine sensible Schale haben und deshalb nicht für längere Transporte geeignet sind. Der Preis für ein Kilo beginnt bei drei bis vier Euro, für Seltenes werden auch schon mal zwölf Euro fürs Kilo aufgerufen.

Tomaten bestehen zu 90 Prozent aus Wasser. "Alle Sorten schmecken deshalb eigentlich immer saftig", sagt Markus Seim. Diese Tatsache an sich sagt wenig über die Qualität einer Frucht aus. Wichtiger für den Geschmack ist, wie viel Fruchtfleisch eine Tomate enthält: Je weniger Glibber, desto aromatischer. Solche Tomaten sind auch gut für Aufläufe oder zum Füllen geeignet. Das Ochsenherz zum Beispiel ist eine fleischige Frucht, sie lässt sich wunderbar zu einem Tatar verarbeiten, aber auch mit Mozzarella genießen. Ein Tipp: Wer das wässrige Innenleben aus einer Tomate auslöst und es nicht wegwerfen möchte, kann es mit ein wenig Salz und Pfeffer, eventuell Knoblauch und Chili erst pürieren und dann mit Olivenöl sämig aufmixen. Die Emulsion ist als Salatdressing geeignet oder als frische, schnelle Sauce zu Brot, Kartoffeln oder Fleisch.

Und wie mag Markus Seim die Tomate am liebsten? "In der einen Hand ein Butterbrot und in der anderen Hand eine Tomate - einfach, aber gut."

(stö)
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