Jährlich bis 30 "Twister" Tornados in Deutschland mit 500 Stundenkilometern möglich

Düsseldorf (rpo). Die Bilder vom Hurrikan Katrina rufen beim deutschen Betrachter nur Staunen hervor. Wirklich vorstellen kann man sich die Wucht dieser Naturkraft nicht, denn Hurrikans kommen hierzulande nicht vor. Dafür aber Tornados. Und die können auch in Deutschland Kräfte und Geschwindigkeiten entwickeln, dagegen sieht selbst der Hurrikan Katrina wie ein Waisenknabe aus.

Monstersturm "Katrina" aus dem All
35 Bilder

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"Ich bin zum Fenster gelaufen und konnte gerade noch sehen, wie der Baum vor unserem Haus wegflog. Der ist geknickt, wie ein Streichholz", berichtete ein Augenzeuge des Duisburger Tornados am 18. Juli 2004.

Bilder, die angesichts des Hurrikans "Katrina" im amerikanischen New Orleans wieder lebendig werden. Hurrikans gibt es zum Glück nicht in Deutschland, wie Andreas Friedrich vom Deutschen Wetterdienst in Offenbach am Montag erklärte. Aber Tornados - die gibt es!

Und obwohl Tornados kleinräumiger sind, können sie stärkere Windgeschwindigkeiten als der stärkste Hurrikan erreichen, wie Friedrich betonte. Während Hurrikan "Katrina" mit Spitzengeschwindigkeiten bis zu 300 Stundenkilometern durch die USA prescht, können sich im "Rüssel" eines Tornados Windgeschwindigkeiten bis über 500 Stundenkilometern bilden, erklärte der Tornadoexperte. Allerdings richten sie nur "eine schmale Schneise der Verwüstung" an. In Duisburg war sie 1,5 Kilometer breit.

20 bis 30 "Twister" jährlich in Deutschland

Zwischen 20 bis 30 "Twister", wie die Tornados in Amerika genannt werden, gibt es jährlich in Deutschland. Sie können genauso gefährlich sein, wie die amerikanischen. Am häufigsten gibt es Tornados an schwülen Sommernachmittagen, wenn die meisten Gewitter auftreten, erläuterte Friedrich. Denn ein Tornado brauche eine Gewitterwolke, eine Windrichtung, die sich in der Höhe ändere und verstärke sowie genügend Feuchtigkeit, damit sich der Schlauch bilden könne.

"Ein Erlebnis, das innerhalb weniger Sekunden oder 2 bis 3 Minuten vorbei ist", sagte Meteorologe Friedrich. Da Tornados so kurzfristig und lokal auftreten, habe man kaum Vorwarnzeit. Mit der so genannten Fujita-Skala wird die Intensität eines Tornados eingeordnet. Grob unterscheidet man Tornados in schwach (F0+F1), stark (F2+F3) und verheerend (F4+F5).

Tornadoentwicklung durch Klimaerwärmung

Im Vergleich zu den USA sei die Tornadohäufigkeit in Deutschland um den Faktor 10 kleiner. "Aber sie ist eben nicht Null", sagte Nikolai Dotzek vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Oberpfaffenhofen. Deswegen solle man das Problem durchaus auch ernst nehmen. "Es besteht aber kein Grund zur Panik", meinte Dotzek. Einen Tornado der Stärke F3 gebe es in Deutschland etwa alle drei Jahre. Durch glückliche Umstände habe es dabei bisher keine Toten gegeben, sondern nur immer Sachschäden.

Einen F4-Tornado gibt es laut Dotzek sogar nur alle Jahrzehnte und die verheerenden F5-Tornados nur alle Jahrhunderte mal. Die beiden letzten F5 seien im 18. Jahrhundert in Mecklenburg-Vorpommern und in Sachsen gewesen. "Eigentlich wäre es bald wieder reif", meinte Friedrich.

Für Deutschland seien die F1- und F2-Tornados typisch. "Allerdings war dieses Jahr recht schwächlich, was die Tornados anging", sagte Meteorologe Dotzek. Es habe lediglich schwache Tornados oder Verdachtsfälle gegeben. Zum Beispiel gab es im Juli 2005 im Frankfurter Norden einen Verdachtsfall, auf Grund der entstandenen Sachschäden, wie Friedrich erklärte. Signifikante Ereignisse, wie im vergangenen Jahr in Duisburg habe es noch nicht gegeben.

Bisher konnte laut Friedrich noch kein Beweis dafür erbracht werden, dass es auf Grund der Klimaerwärmung mehr Tornados gibt. Die Anzahl der Tornados steige zur Zeit nur, weil die Dunkelziffer immer kleiner werde und mehr Tornados beobachtet würden. Dieser Ansicht ist auch sein Kollege Dotzek: "Selbst wenn der Klimawandel beteiligt ist, ist er wesentlich schwächer als die Mehrbeobachtungen." Allerdings bestehe in Zukunft ein erhöhtes Tornado-Risiko in Deutschland, meinten die beiden Experten. "Wenn sich das Klima weiter erwärmt, dann muss man häufiger mit Tornados rechnen", sagte Friedrich.

(ap)
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