Unbekannter Meister zum Liebhaben

Klassik-CD Wenn Lang Lang wieder einmal eine neue CD herausbringt, kann man davon ausgehen, dass Tausende und Abertausende in kürzester Zeit zuschlagen, um sich ein Exemplar zu sichern. Wie aber steht es um die vielen Aufnahmen, die entweder eindeutig ein Nischenpublikum bedienen oder die mangels Bekanntheit der Komponisten zu einem Schattendasein gezwungen scheinen? Man kann sich mit solchen Prognosen auch irren.

Klassik-CD Wenn Lang Lang wieder einmal eine neue CD herausbringt, kann man davon ausgehen, dass Tausende und Abertausende in kürzester Zeit zuschlagen, um sich ein Exemplar zu sichern. Wie aber steht es um die vielen Aufnahmen, die entweder eindeutig ein Nischenpublikum bedienen oder die mangels Bekanntheit der Komponisten zu einem Schattendasein gezwungen scheinen? Man kann sich mit solchen Prognosen auch irren.

Das Label Musicaphon (Vertrieb: Klassik Center Kassel) erlebt soeben mit der CD "Mortorum" des Komponisten Johann Georg Linike (1680 bis 1762) einen überaus bemerkenswerten Erfolg. Und zwar völlig zu Recht und aus genau zwei Gründen: Erstens ist das großartige Musik. Linike hatte unmittelbaren Kontakt zu seinen prominenten Kollegen Johann Sebastian Bach, Georg Philipp Telemann und Georg Friedrich Händel, wirkte in hoher Position an der Hamburger Gänsemarkt-Oper und schrieb ungemein griffige, geistreiche, meisterhaft arrangierte Musik.

Zweitens ist die CD klanglich eine Wucht, mehr noch: Man kann von einer Sensation sprechen. Neben einer herkömmlichen SACD enthält die Jewel-Box eine weitere SACD, bei der es sich um dieselbe Aufnahme in anderer Aufnahmetechnik handelt, nämlich per Kunstkopf (auch binaural 3D genannt). Bei einer 3D-Kunstkopf-Aufnahme stimmen die Richtungsabbildung auf der vertikalen und auf der horizontalen Ebene sowie die Entfernungswahrnehmung weitestgehend mit dem natürlichen Hören überein: Je nach Einfallsrichtung der Schallwellen erkennt das Gehirn die jeweilige Richtung und Entfernung, aus der ein Geräusch kommt.

Auch diese zweite SACD kann über Lautsprecher wiedergegeben werden, optimal funktioniert das 3D-Verfahren bei der Wiedergabe per Kopfhörer. Kunstkopf-Stereophonie wurde in früheren Zeiten gewiss von manchen Leuten auch belächelt. Ihre Renaissance mit Linike gelingt eindrucksvoll, auch dank des Ensembles Concert Royal Köln. Das ist ein prächtige Truppe, die der Musik von damals Schwung und Leben einhaucht - und dabei eine Delikatesse nach der anderen entfaltet.

Wolfram Goertz

(RP)
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