Düsseldorf Verformung des Vorderfußes ist eine neue Volkskrankheit

Düsseldorf · Schon seit einigen Wochen hatte Silke keine Lust mehr, sich die Schuhe anzuziehen. Denn das bereitete ihr Schmerzen am Großzehenballen, der zudem eine deutliche Rötung zeigte, wenn sie das Schuhwerk wieder auszog. Die 46-jährige Lehrerin wusste: Das musste der berüchtigte Hallux valgus sein, von dem ihr Freundinnen erzählt hatten. Und dabei zählte sie doch nicht zu den High-Heels-Trägerinnen, die als besonders gefährdet gelten.

Der Hallux valgus ist zur Volkserkrankung geworden. Mehr als jeder Fünfte wird von ihm eingeholt, und in der Altersgruppe der über 65-Jährigen sind es sogar 35 Prozent. Die Verformung des Vorderfußes trifft zwar in erster Linie Frauen, doch das liegt nicht unbedingt daran, dass sie öfter hochhackige Schuhe tragen. Eine Schwäche des Bindegewebes, die bei Frauen öfter vorkommt, könnte die besondere Anfälligkeit des weiblichen Fußes erklären. Spanische Forscher haben zudem eine genetische Veranlagung nachgewiesen.

Nichtsdestoweniger spielt der Schuh an sich bei der Erkrankung eine zentrale Rolle. Denn er zwängt die Zehen aus ihrer angestammten Lage, wobei dieser Effekt umso stärker zum Tragen kommt, wenn der Schuh vorne spitz zuläuft. Das Körpergewicht wird auf die Mittelfußköpfchen konzentriert, die schließlich der Last nicht mehr gewachsen sind. Es kommt zum Spreiz- und Senkfuß, bis schließlich das große Zehengelenk nach außen gedrückt und der Zeh selbst nach innen gedreht wird. Ochman verweist auf Erhebungen in Japan, wo die Zahl der Fußverformungen sprunghaft anstieg, nachdem man dort die westliche Schuhmode eingeführt hatte. "Wer die Veranlagung oder bereits die ersten Anzeichen für einen Hallux valgus hat, kann durch spitz zulaufendes oder eng sitzendes Schuhwerk schon erheblich dazu beitragen, dass sich die Probleme verschärfen", so die Chirurgin.

Selbst der Kinderfuß ist dann nicht mehr sicher. In einer Studie an Wiener Grundschulen fand man bei knapp 70 Prozent der Pennäler ein zu kleines Schuhwerk, und von denen zeigten über 75 Prozent schon Abweichungen der großen Zehen. Bei jedem Achten war der Abweichungswinkel größer als zehn Grad, ihr Vorderfuß verbog sich schon deutlich in Richtung Hallux valgus. Orthopäden raten Eltern darauf zu achten, dass Kinder zwölf bis 17 Millimeter Spielraum im Schuh hätten.

(RP)
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