Düsseldorf Wann sind wir da?

Düsseldorf · Wer eine lange Autofahrt mit Kindern plant, sollte sich gut vorbereiten. Sechs Kulturtipps gegen Langeweile auf der Rückbank.

Bei Vätern ist das so: Sechs Monate vor Ferienbeginn buchen sie einen Urlaub in Lacanau im Süden Frankreichs und beschließen, mit dem Auto hinzufahren. 1100 Kilometer, schön in zwei Etappen zu je fünfeinhalb Stunden, zwischendrin vielleicht eine Übernachtung. Väter sind stolz, wenn sie so etwas beschlossen und eingestielt haben, sie fühlen sich dann verwegen, aber irgendwann sind es nur noch sechs Wochen bis Ferienbeginn, und dann beginnen sie zu zweifeln: Wie halte ich die Rückbank bei Laune? Was tue ich, wenn schon bei Aachen die Frage kommt, die so etwas wie das frühe Gegentor bei Familienausflügen ist: Wann sind wir endlich da?

Zum Glück gibt es einige Dinge, die lange Reisen verkürzen können, und weil Väter zusammenhalten müssen, seien sie hier verraten. Ganz toll, und für Mädchen wie Jungen geeignet: die "Hedvig!"-Hörbücher. Vier Stück gibt es inzwischen, Heike Makatsch liest die kurzen Geschichten von Frida Nilsson über die kleine Hedvig, die in Schweden wohnt und im ersten Teil ihren ersten Schultag erlebt. Hedvig ist eine Wucht, eine mutiges und patentes Mädchen, und Makatsch liest das so heiter und angenehm, dass Kinder aufmerksam zuhören werden und man selbst tiefer in den Fahrersitz rutscht, beruhigt seufzt und sich ziemlich gut fühlt.

Wer Kinder hat, die schon groß genug sind, um selbst zu lesen, sollte sich die Buchreihe "Die Schule der magischen Tiere" ansehen. Margit Auer hat sie geschrieben, acht Bände liegen vor, und zumindest unter Drittklässlern sind sie derzeit der Hit. Es geht darin um die Schüler der Wintersteinschule, und das Besondere ist, dass die Kinder Tiere haben, die reden können. Sie werden verteilt von Mister Mortimer Morrison, dem Besitzer der magischen Zoohandlung. Die Tiere sind die besten Freunde der Kinder, und sie sind tatsächlich sehr liebenswert; Henrietta vor allem, die Schildkröte aus der Karibik, und Eugenia, die Fledermaus.

Musik ist ja so eine Sache bei Kindern, die allermeisten Kindermusik-CDs mag man als Erwachsener nicht mehr als einmal hören. Entweder sind sie pädagogisch so wertvoll, dass man die Kinder irgendwie bedauert. Oder die Ohrwürmer der zumeist irre gut gelaunten Sänger sind so penetrant, dass im Urlaub keine Romantik aufkommen mag, weil man ständig fiese Reime im Kopf hat. Gut hingegen ist trotz des vorwitzigen Namens die Reihe "Rotz 'n' Roll Radio" von Kai Lüftner. Die CDs sind aufgemacht wie echte Radiosendungen, Wetterbericht und kleine Geschichten inklusive, und bei den Songs treten mitunter Prominente wie Bürger Lars Dietrich auf. Die Hits heißen "Nee" und "Partypiepel", und einlegen sollte man sie kurz vor Ankunft, denn sie heben die Stimmung.

Das Wichtigste auf diesen Fahrten ist, dass man sein Pulver nicht vorschnell verschießt. Man kann also gar nicht genug Material dabei haben, zumal man dieselbe Strecke ja noch zurückfährt. Denjenigen, die bei aller Unterhaltung den Aspekt Didaktik nicht aus den Augen verlieren möchten, sei die Sprach-Lern-App Duolingo empfohlen. Kindern werden auf dem Smartphone oder Tablet Fragen etwa auf Englisch gestellt. Durch Tippen können sie die Lösung wählen, und die Schwierigkeitsgrade kann man anpassen. Sieht gut aus, macht Spaß, und nützlich ist es auch.

In den vergangenen Jahren hat es zudem einige Hörspiel-Projekte gegeben, bei denen Klassiker der Weltliteratur für Kinder eingerichtet wurden. Längst nicht alles ist gelungen, aber zwei Produktionen sind unbedingt empfehlenswert. Die Adaption von Ovids "Metamorphosen" durch Karlheinz Koinegg etwa. Für Kinder ab zehn Jahren ist sie geeignet, und versprochen: Auch Erwachsene wird sie umhauen. Ebenso dürfte es den meisten mit der Reihe "Weltliteratur für Kinder" von Barbara Kindermann ergehen. Jede Episode dauert etwa 50 Minuten, Sprecher wie Otto Sander und Devid Striesow lesen "Romeo & Julia" und "Der zerbrochene Krug", und das ist einfühlsam gemacht, kurzweilig und ohne Oberlehrer-Ambitionen.

Gutes Programm. Könnte also sein, dass die Kinder erst ganz am Ende eine Frage stellen: Sind wir schon da?

(hols)
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