Rätsel des Alltags Warum macht Weißbier den größeren Kater?

Münster (rpo). Bei den derzeitigen Temperaturen stehen Biergartenbesuche ganz oben in der Hitliste der der abendlichen Freizeitgestaltung. Greift man dabei zum Weißbier, ist die Gefahr besonders groß, am nächsten Morgen einen dicken Kopf zu haben. Warum schlägt das Bayern-Bier mehr ein als Pils oder Export?

<P>Münster (rpo). Bei den derzeitigen Temperaturen stehen Biergartenbesuche ganz oben in der Hitliste der der abendlichen Freizeitgestaltung. Greift man dabei zum Weißbier, ist die Gefahr besonders groß, am nächsten Morgen einen dicken Kopf zu haben. Warum schlägt das Bayern-Bier mehr ein als Pils oder Export?

Ein kühles Weißbier im Biergarten zum Ölen der trockenen Kehle - eine Vorstellung, die nicht nur die Macher von Brauereiwerbung mit der Zunge schnalzen lässt. Der größer werdenden Schar von Weißbier-Fans im Stammland Bayern und der bundesweiten Diaspora könnte jetzt eine Studie der Fachhochschule Münster den herb-süßlichen Geschmack verderben. "Weizenbier macht einen größeren Kater als Pilsner oder Export", behaupten die Wissenschaftler.

Professor Günter Lieck vom Fachbereich Chemieingenieurwesen der Fachhochschule hat die Fuselöle im Bier als Übeltäter ausgemacht. Sie werden im menschlichen Körper zu Giftstoffen abgebaut, die am Tag nach dem Genuss schon so manchen fröhlichen Zecher zur jämmerlichen Gestalt degradierten. Die Gifte vermindern die Herzleistung und können zu einer Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff führen. Kopfschmerz, Übelkeit und Müdigkeit sind die spürbaren Folgen. Je mehr Fuselalkohol im Bier, desto schlimmer. Die Chemieingenieurin Siegrun Mohring hat in ihrer Diplomarbeit 60 Biere verschiedener Hersteller und Brauarten getestet. Die Ergebnisse sind frappierend.

"Sie haben mich erstaunt. Dass es so deutliche Unterschiede gibt, hätte ich nicht gedacht", sagt sie. Weizenbier hat wie alle obergärigen Biere generell mehr Fusel, als die meisten Pils-Marken. Das besonders in Studentenkreisen beliebte Günstig-Pils "Oettinger" allerdings kommt mit 121,48 Milligramm Fusel pro Liter auf ähnlich hohe Werte. "Schöfferhofer Hefeweizen" etwa wies im Test einen Anteil von 147,19 Milligramm Fuselöl pro Liter auf, "Erdinger Weißbier" kam auf 95,47 Milligramm, "Huber Weisses Fresh" sogar auf 160,42 Milligramm.

Die meisten Pils-Biere liegen deutlich darunter, am besten schnitten "Graf Ignaz" (57,48) "Becks" (58,94), "Rolinck" (60,07), "König-Pilsener" (61,58) und "Hasseröder Pils" (62,83) ab. Auch andere Bierarten wie Export, Lager oder das bayerische "Helle" kommen kaum auf die Fuselwerte der bayerischen Weißbier-Spezialitäten - mit Ausnahme des Issumer Altbieres von "Diebels" (100,96). In alkoholfreien Bieren wiesen die Wissenschaftler nur winzige Spuren des Katerauslösers nach.

"Alles eine Sache der Menge", sagt Erich Dederichs, Geschäftsführer und Sprecher des Deutschen Brauerbundes in Bonn. Fuselöle würden beim Gärungsprozess automatisch von der Hefe gebildet und seien als Nebenprodukt ebenso unvermeidlich wie willkommen. Denn: Die Fuselöle sind auch ein Geschmacksträger. "Wenn da gar keine drin sind, schmeckt das ganz schön labberig", beschreibt Dederichs.

Die Brauereien entschieden für sich, wie hoch die Anteile im Bier sein sollen, Grenzwerte gibt es nicht. Eine Antwort auf die unter Biertrinkern heiß diskutierte Frage nach dem typischen "Kopfschmerz- Bräu" ist die Studie aus Münster nach Dederichs Einschätzung nicht: "Da muss jeder seinen eigenen, kontrollierten Feldversuch starten."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort