Rätsel des Alltags Warum riecht es aus dem Gully?

Düsseldorf (RP). Gullys sind das Eingangstor zu einer den Meisten unbekannten Welt unterhalb der Straßen. In der Regel geht man einfach über diese hinweg. Doch bei manchen Witterungslagen strömt aus Gullys ein eher unangenehmer Geruch an die Oberfläche. Woran liegt das?

 Manchmal strömen aus Gullys unangenehme Gerüche.

Manchmal strömen aus Gullys unangenehme Gerüche.

Foto: rpo/cs

Über die Einstiegsschächte steht das Abwasser der Kanalisation mit der Umwelt in Verbindung. "Dabei beeinflussen die örtlichen und klimatischen Gegebenheiten den Gasaustausch zwischen Kanalisation und Außenluft", erklärt Jörg Londong, Professor für Siedlungswasserwirtschaft an der Bauhaus-Universität Weimar.

"Bei schnellem Absinken des Luftdrucks stellt sich ein Druckgefälle ein". Der Luftdruck im Kanalsystem ist dann höher als der der Außenluft. In so einem Fall entweicht verstärkt Luft aus der Kanalisation über die Kanaldeckel ins Freie.

"Das heißt aber nicht, dass es dann gleich stinken muss." Je mehr Schwefel ins Abwasser geleitet wird, desto größer das Potential für die Mief-Emission. Der Schwefel in Form von Sulfat-Ionen stammt aus dem Trinkwasser, Harn und Fäkalien, Lebens- und Waschmitteln. Industrielle Einleitungen können die Menge erheblich erhöhen.

Was da so nach faulen Eiern riecht, ist gasförmiger Schwefelwasserstoff, der sich vor allem in der so genannten Sielhaut, einem kanaleigenen Bakterienfilm bildet, wenn im Abwasser nicht genug Sauerstoff zur Verfügung steht.

Höhere Abwassertemperaturen beschleunigen den Stoffumsatz der organischen Masse und damit auch die Bildung von Geruchsstoffen. Eine Temperaturerhöhung um zehn Grad Celsius verdoppelt die Bakterienaktivität.

"Weite Fließstrecken und lange Fließzeiten tragen dazu bei, dass das Abwasser schon im Kanal zu faulen beginnt, weil Sauerstoff bereits durch mikrobielle Aktivitäten aufgezehrt wurde", sagt Longdong. Besonders betroffen von der Luftverpestung sind Kanalsysteme in Ballungsgebieten und zentrale Kläranlagen.

Fließt das Abwasser langsam, weil das Gefälle zu klein ist oder die Kanalquerschnitte ungünstig sind, dann bilden sich Ablagerungen, die still vor sich hin faulen. "Auch die zunehmende Versickerung von Regenwasser spielt eine erhebliche Rolle. Sie reduziert die Spülwirkung von Regenfällen auf die Kanalisation."

(alfa)
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