Rätsel des Alltags Was macht Briefmarken klebrig?

Düsseldrof (RP). Woraus besteht der Klebstoff, die Gummierung, bei Briefmarken? In welcher Menge und wie wird der Klebstoff aufgebracht? Berechtigte Fragen. Wen könnte man da besser fragen, als das Unternehmen, das nach eigenen Angaben täglich 72 Millionen Briefsendungen bewegt. Die Konzernkommunikation der Deutschen Post in Bonn teilte jedoch mit, dass man zu diesem Thema keinen Beitrag zuliefern könne. Also haben wir woanders nachgefragt.

 Wie klebt die Briefmarke?

Wie klebt die Briefmarke?

Foto: ddp, ddp

Helfen konnte dann Ansgar van Halteren, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Industrieverbandes Klebstoffe e.V. in Düsseldorf. Seine Recherchen ergaben, dass die Entwicklung der klebenden Briefmarke ins 19. Jahrhundert zurückreicht; sie entstand um 1840 in Großbritannien. Die Klebmasse bestand aus Zuckermelasse und Kartoffelstärke.

"Da der Klebstoff mit der Zunge angefeuchtet wurde, befürchtete man seinerzeit, dass der Kartoffelkleister ein Träger giftiger Keime sein und das Land mit Cholera überziehen könnte - was Gott sei Dank aber nie geschah."

Ab 1855 mischte man dem Klebstoff auch Knochen-, Haut- oder Fischleim zu. Insbesondere der Fischleim stieß wegen seines unangenehmen Geruchs und Geschmacks bei den Verbrauchern auf wenig Begeisterung.

Sehr gute Eigenschaften als Klebstoff zeigte das Gummiarabikum, welches allerdings aufgrund seines hohen Preises oftmals mit minderwertigem Pflanzengummi (etwa von Akazien) oder Stärkeklebstoffen verschnitten wurde.

Ansgar van Halteren: "Ungeachtet der erwähnten Ängste vor Krankheiten und der geschmacklichen Nachteile kam noch erschwerend hinzu, dass diese Klebstoffe auch technisch unvollkommen waren - die Marken klebten oft aneinander und fielen häufig ab."

Mit der Entwicklung synthetischer Klebstoffe konnten diese Nachteile in einem Schlag überwunden werden. Seit etwa 1915 bis zum heutigen Tag werden Polyvinylacetat bzw. Polyvinylalkohol zur Herstellung von Briefmarkenklebstoffen verwendet. Ihre Vorteile: Sie sind lebensmittelrechtlich unbedenklich, geschmacksneutral - und stinken nicht. Darüber hinaus sind sie gegen Feuchtigkeit kaum empfindlich. Sie kleben nicht aneinander, was besonders bei Roll- und Heftmarken für Automaten im Freien wichtig ist.

"Dass man den Klebstoff auf der Briefmarke kaum wahrnimmt, liegt daran, dass schon hauchdünne Klebstoffschichten den notwendigen Halt garantieren. Über Walzen oder Luftrakel (Verteilung des Klebstoffs mit Pressluft) aufgetragen, entsteht ein Klebstofffilm in einer Schichtdicke von rund 15 Mikrometer.

Das sind 0,015 Millimeter und entspricht etwa einem Viertel der Dicke eines menschlichen Haares. Mit einem Kilogramm Briefmarkenklebstoff lassen sich so mehr als 100.000 Briefmarken herstellen."

(alfa)
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