Geburten Weniger Söhne in Krisenzeiten

Washington (rpo). In Krisenzeiten gebären Frauen häufiger Töchter als Söhne. Warum die Körper Schwangerer männliche Föten offenbar schneller abstoßen, dieser Frage gingen amerikanische Wissenschaftler nach. Das Ergebnis: Ein Trick der Evolution, um die Weitergabe der Gene zu sichern.

 Schon Embryos im Bauch der Mutter weinen, wenn sie sich unwohl fühlen.

Schon Embryos im Bauch der Mutter weinen, wenn sie sich unwohl fühlen.

Foto: AFP, AFP

Zu diesem Schluss kommen die Wissenschaftler in einer statistischen Auswertung historischer Lebensdaten der schwedischen Bevölkerung. Ralph Catalano und Tim Bruckner von der Universität von Kalifornien in Berkeley können damit erklären, warum sich in Stressphasen das Geschlechterverhältnis der Neugeboren zu ungunsten der Jungen verschiebt. Ihre Ergebnisse stellen die Forscher in der Fachzeitschrift "PNAS" vor.

Obwohl Männer als das "starke Geschlecht" bezeichnet werden, sterben sie früher als Frauen, und selbst im Mutterleib ist ihr Sterberisiko allgemein größer als das weiblicher Föten. Während Umweltkatastrophen, Kriegen oder extremen Wirtschaftskrisen und Hungersnöten zeigt sich dies in der Geburtenrate noch deutlicher. Wissenschaftler vermuten daher, dass die Gebärmutter unter Stress männliche Embryonen und Föten eher spontan abstößt als weibliche.

Für diesen Zusammenhang zwischen mütterlichem Stress und der Abstoßung männlicher Ungeborener diskutieren Wissenschaftler zwei gegensätzliche Erklärungen: Theorie Nummer eins beruft sich auf die natürliche Auslese und interpretiert die Abstoßung schwächerer männlichen Föten als aktiven Eingriff des Körpers der Mutter, mit dem er Platz schaffen könne für Töchter oder für stärkere Söhne. Die zweite Theorie hingegen sieht keinen mütterlichen Eingriff in das Geschlecht der Kinder vor, vielmehr schädige der Stress den Körper der Mutter und die Föten so sehr, dass die schwächsten der grundsätzlich empfindlicheren Jungen es nicht bis zur Geburt schafften.

Nun untersuchten Catalano und Bruckner, welche der beiden Erklärungen eher zutrifft. Dazu werteten sie die Lebensdaten der zwischen 1751 und 1912 geborenen Schweden statistisch aus. Sie fanden heraus, dass in manchen Jahren zwar weniger Jungen auf die Welt kamen, die dann jedoch länger lebten als eigentlich zu erwarten war. Dieser Zusammenhang sprach für die Theorie Nummer eins: Diejenigen männlichen Föten, die trotz widriger Umstände geboren wurden, waren robuster und hatten damit eine vergleichsweise hohe Lebenserwartung. Um weitere Hinweise auf die richtige Theorie zu bekommen, müsse die Studie mit anderen Bevölkerungsgruppen wiederholt werden, kommentieren die Wissenschaftler.

(afp)
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