Sprechstunde Ulrich Waltking Wenn der Handy-Daumen schmerzt

Dauerndes Tippen löst schmerzhafte Sehnenscheidenentzündungen aus.

Unsere Leserin Melanie F. (17) aus Düsseldorf fragt: "Ich benutze dauernd mein Smartphone, das ist mein ständiger Kontakt zu meinen Freunden. Jetzt habe ich gehört, dass man durch das dauernde Schreiben eine Entzündung am Daumen bekommen kann. Stimmt das?"

Ulrich waltking Es ist tatsächlich zu beobachten, dass immer mehr junge Leute in die Sprechstunde kommen und über Schmerzen im Bereich des Daumens klagen, mit dem sie auf dem Smartphone ihre Nachrichten schreiben. Ein Mädchen berichtete mir, dass es schnell etwa 100 SMS pro Tag werden, die sie verfasse. Bei der Demonstration des Schreibvorganges zeigte sie eine enorme Geschicklichkeit darin, ihr iPhone zu halten und gleichzeitig mit dem Daumen dieser Hand die Buchstaben und Symbole zu bedienen. Dabei wird der Daumen gar nicht vollständig der Hand und der Tastatur gegenübergestellt. Vielmehr wird mit der Ellenseite des Daumenendgliedes, fast mit der seitlichen Nagelfalz, der ausgewählte Buchstabe eben berührt und das vorgeschlagene Wort bestätigt. Der Daumen kommt also nicht von vorn auf das Bedienfeld, sondern von der Seite. Dieser Bewegungsablauf selbst ist mit Sicherheit nicht schädlich. Der Daumen kann sich hierdurch auch nicht entzünden. Dennoch können gesundheitliche Probleme entstehen. Sie können sich zum einen am Bewegungsapparat selbst zeigen: Die Zwangshaltung der Hand, des Armes und schließlich des Kopfes führen häufig zu Muskelverspannungen. Schmerzhafte Muskelhärten mit ausstrahlenden Beschwerden vom Nacken bis in die Finger sind die Folgen. Man sollte also nicht zu lange und in unveränderter Position auf das iPhone starren. In der "sendefreien" Zeit sollte man Gegenbewegungen machen – zum Ausgleich und zur Dehnung der verspannten Muskeln. Bei stärkeren Beschwerden sind sanfte Massagen der Muskelhärten sinnvoll, eventuell wird die Verordnung von Krankengymnastik durch den Arzt nötig. Sie sollten über einen Sport nachdenken, der Ihnen Freude macht und die beste Vorbeugung gegen eine solche Art von Muskelschmerzen darstellt. Tatsächlich kann dieser sehr einseitige wiederkehrende und ständige Gebrauch des Daumens auch zu Sehnenscheidenentzündungen führen. Das ist im jungen Alter von 17 Jahren zwar wenig wahrscheinlich, bei einer entsprechenden Veranlagung oder auch bei der Einnahme gewisser Medikamente aber möglich. Oft kommt es durch die wiederholte zwanghafte Überdehnung im sogenannten ersten Streckerfach zu einem Reizzustand, der durch weitere Umbauvorgänge des Gewebes schließlich zur Einengung der Sehnenscheide führen kann. Dann verselbstständigt sich der Zustand, eine echte Sehnenscheidenentzündung ist da. Wenn an der Speichenseite des Handgelenkes eine schmerzhafte Verdickung auftritt, könnte sich ein solcher Zustand entwickelt haben. Dann hilft der Hausarzt, der Sie auch zum Orthopäden oder Handchirurgen überweisen wird.

Ulrich Waltking war niedergelassener Handchirurg in Düsseldorf.

(RP)
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