Knochen mit Schnittspuren entdeckt Werkzeug-Nutzung schon vor 3,4 Millionen Jahren

Leipzig (RPO). Vorfahren des Menschen nutzten Werkzeuge fast eine Million Jahre früher als bisher bekannt. Zwei in Äthiopien entdeckte Tierknochen belegen, dass menschenähnliche Ahnen schon vor 3,4 Millionen Jahren Steingeräte verwendeten, um Fleisch zu schneiden und an Knochenmark zu gelangen.

 Anhand von Spuren an diesen Knochen konnten Wissenschaftler belegen, dass der menschliche Vorfahr deutlich früher Werkeuge nutzte.

Anhand von Spuren an diesen Knochen konnten Wissenschaftler belegen, dass der menschliche Vorfahr deutlich früher Werkeuge nutzte.

Foto: NATURE, AFP

Dies berichtet ein internationales Forscherteam unter Beteiligung des Leipziger Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie im Magazin "Nature". Die bislang ältesten Hinweise auf Werkzeug waren "nur" etwa 2,5 Millionen Jahre alt.

Die neuen Funde zeigen erstmals, dass nicht nur direkte Vorfahren des Homo sapiens Geräte nutzten, sondern auch Vertreter der längst ausgestorbenen Gattung Australopithecus. "Dies zwingt uns endgültig, unsere Lehrbücher über die Evolution des Menschen zu korrigieren", sagt der Paläoanthropologe Zeresenay Alemseged von der kalifornischen Akademie der Wissenschaften. "Diese Entdeckung verschiebt den bekannten Zeitpunkt erheblich nach vorne, ab dem unsere Vorfahren die Spielregeln komplett änderten. Werkzeuggebrauch hat den Umgang mit der Natur maßgeblich verändert, denn er ermöglichte den Verzehr neuer Nahrungsmittel und die Erschließung neuer Gebiete."

Werkzeuge wurden mitgebracht

Der bislang älteste Beweis für die Nutzung von Werkzeug - auf das Alter von etwa 2,5 Millionen Jahren datiert - stammt ebenfalls aus Äthiopien. In der Nähe jener Fundstätte hatten Forscher den 2,4 Millionen Jahre alten Oberkiefer eines direkten des heutigen Menschen gefunden. Daher glaubten Paläoanthropologen bislang, dass nur diese Gattung Geräte nutzte.

Die jetzt gefundenen zwei Huftier-Knochen sind rund 900.000 Jahre älter und tragen eindeutige Schnitt- und Schlagspuren von Steinwerkzeugen. Sie lagen nahe jener Stellen, an denen Forscher vor Jahren Skelettreste der berühmten Fossilien Lucy und Selam entdeckten. Diese beiden Mädchen lebten vor 3,2 bis 3,3 Millionen Jahren und zählen zur Art Australopithecus afarensis. Auch diese Ahnen des Menschen verzehrten schon Fleisch und nutzten Werkzeug.

"Wenn wir uns Lucy beim Durchstreifen der ostafrikanischen Landschaft auf der Suche nach Nahrung vorstellen, sehen wir sie erstmals mit einem Steinwerkzeug in der Hand auf Fleischsuche", sagt der Archäologe Shannon McPherron vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie. "Mit Steinwerkzeugen ausgerüstet, mit deren Hilfe man Fleisch schnell vom Knochen schaben oder Knochen aufbrechen kann, wurden Tierkadaver zu einer attraktiven Nahrungsquelle. Dieser neue Verhaltenstypus wies unseren Vorfahren den Weg, der später zu zwei Eigenschaften führte, die unsere Art definieren - der Verzehr von Fleisch sowie die Herstellung und der Gebrauch von Werkzeug."

Datiert wurden die Knochen anhand der Schicht vulkanischer Sedimente, in der sie lagen. Sie stammen von Tieren, deren Größe Ziege und Kuh entsprach. "Aus den Knochenfunden schließen wir also, dass die Australopithecinen bereits größere Säugetiere verzehrten", sagt Curtis Marean von der Arizona State University. "Ob diese Tiere gejagt wurden oder ob die Australopithecinen Aasfresser waren, wissen wir noch nicht." Sicher ist eines: Da Steine dieser Größe in der Region nicht vorkommen, müssen die Nutzer sie mitgebracht haben. Unklar ist indes, ob sie das Werkzeug nur fanden oder aber selbst herstellten.

(Quelle: "Nature", Vol. 466, S. 857-860)

(apd/felt)
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